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Niedersächsische SPD will Wulff verklagen

22. Januar 2012

In der Affäre um Bundespräsident Wulff will die niedersächsische SPD den Staatsgerichtshof des Landes einschalten. Sie wirft ihm vor, das Parlament getäuscht zu haben. Wulff selbst bestreitet das.

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Bundespräsident Christian Wulff (Foto: dapd)
Unter Druck: Bundespräsident Christian WulffBild: AP

Die SPD in Niedersachsen will Bundespräsident Christian Wulff vor dem Landesverfassungsgericht wegen Täuschung des Parlamentes verklagen. Der niedersächsische SPD-Fraktionschef Stefan Schostok sagte der Zeitung "Bild am Sonntag" (22.01.2012), Wulff sei dafür verantwortlich, dass in seiner Zeit als Ministerpräsident von Niedersachsen das Parlament falsch über die Finanzierung des "Nord-Süd-Dialogs" informiert wurde. Bei der Veranstaltungsreihe handelt es sich um eine private Veranstaltung, auf der sich in der Vergangenheit Wirtschaftsunternehmen aus Niedersachsen und Baden-Württemberg vorstellten.

Auskünfte "nach bestem Wissen" erteilt

Die Klage gegen Wulff soll nach Angaben der niedersächsischen SPD nach Möglichkeit binnen einer Woche beim Staatsgerichtshof eingereicht werden. Ein Erfolg der Klage hätte nach den Worten von Landesfraktionschef Schostok dramatische Folgen für den früheren niedersächsischen Regierungschef. Damit wäre ein Verfassungsbruch der damaligen Regierung Wulff festgestellt, so Schostok. Ein Bundespräsident, der gegen die Verfassung verstoßen hat, könne nicht im Amt bleiben.

Der Wochenzeitung "Die Zeit" sagte Wulff, er sei bereit, sich gegenüber der Landesregierung und der Staatsanwaltschaft zu äußern. Die Auskunft, wonach für den Dialog kein Steuergeld geflossen sei, sei "nach bestem Wissen und Gewissen erteilt" worden. Im Fall seines Ex-Sprechers Glaeseker, warnte Wulff gleichzeitig vor einer Vorverurteilung. Auch für Glaeseker gelte die Unschuldsvermutung. Im Gespräch mit dem Wochenblatt machte Wulff noch einmal deutlich, dass er nicht an Rücktritt denke. Das Amt des Bundespräsidenten sei unglaublich interessant, sagte er. Er räumte aber ein, Vertrauen eingebüßt zu haben. Seine Aufgabe bestehe nun darin, dieses Vertrauen zurückzugewinnen.

Künast fordert Rücktritt

Renate Künast (Foto: dapd)
Renate Künast: "Herr Bundespräsident, erlösen Sie uns!"Bild: AP

Der niedersächsische Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel zweifelte die jüngsten Anmerkungen Wulffs zu seiner Lobby-Affäre an. Der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse" sagte er, in der Vergangenheit habe zwischen Wulff und seinem der Bestechlichkeit verdächtigten Ex-Sprecher Olaf Glaeseker "kein Blatt Papier gepasst". Deshalb halte er es nicht für vorstellbar, dass die jetzt in Frage stehenden Dinge an Wulff vorbeigegangen seien.

Die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag Renate Künast legte Wulff am Abend in der ZDF-Sendung "Berlin direkt" den Rücktritt nahe. "Er ist untragbar, Herr Bundespräsident, erlösen Sie uns", sagte sie. Das Amt sei "vielleicht reparabel, aber nicht seine Unglaubwürdigkeit".

Vertrauen in Wulff schwindet

Angesichts immer neuer Vorwürfe gegen Wulff und dessen langjährigen Vertrauten Glaeseker sprach sich erstmals eine Mehrheit der Deutschen in einer Umfrage für einen Rücktritt des Bundespräsidenten aus. 53 Prozent der Befragten gaben an, ein Rücktritt Wulffs wäre für das Ansehen Deutschlands besser, berichtete die "Bild am Sonntag" unter Berufung auf das Meinungsforschungsinstitut Emnid.

Autor: Hajo Felten/Thomas Grimmer (rtr, dapd, dpa, afp)

Redaktion: Dirk Eckert/Herbert Peckmann