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Politik

Anschlag auf Pussy-Riot-Mann?

Juri Rescheto
13. September 2018

Der Pussy-Riot-Aktivist und Betreiber eines russischen Internetportals Pjotr Wersilow soll mit Symptomen einer Vergiftung in ein Moskauer Krankenhaus eingeliefert worden sein. Unklar ist, ob es ein Anschlag war.

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Russland Moskau Mitglieder von Pussy Riot in Gericht
Bild: DW/E. Baryschewa

Kurz vor Mitternacht piepten rasch nacheinander die Push-Nachrichten der unabhängigen russischen Medien-Portale Dozhd, Meduza und Mediazona: Pjotr Wersilow, Producer und einer der Gründer der feministischen Punk-Band Pussy Riot sei in das Bakruschin-Krankenhaus im Moskauer Stadteil Sokolniki eingeliefert worden. Er habe die Symptome einer schweren Vergiftung.

Die Medienportale zitieren Weronika Nikulschina, die Freundin des Aktivisten. Das Moskauer Studio der Deutschen Welle kontaktierte sowohl das Krankenhaus als auch die Moskauer Gesundheitsbehörde zu dem Fall Wersilow. Beide Stellen wollten die Einlieferung Wersilows und seinen Gesundheitszustand weder bestätigen noch dementieren. Die Beamten verweisen dabei auf die ärtzliche Schweigepflicht und empfehlen, die Angehörigen Wersilows zu kontaktieren.

Russland Weronika Nikulschina vor Gericht
Weronika Nikulschina, hier im Juli 2018 vor Gericht in MoskauBild: DW/E. Barysheva

Wersilows Kollege Sergej Smirnow, Chefredakteur von Mediazona, wollte gegenüber der DW keine Schlußfolgerungen ziehen. "Es kann alles Mögliche sein", sagte er. Auf die Frage nach einem möglichen Attentat sagte er: "Wir ziehen diese Möglichkeit in Erwägung. Aber das muss nicht unbedingt der Fall sein. Wir haben zu wenige Informationen und wollen erstmal keine Schlüsse ziehen."

Nach den Worten Weronika Nikulschinas habe ihr Lebensgefährte nach einer Verhandlung im Moskauer Basmanny-Gericht zuerst zwei Stunden zu Hause geschlafen. Danach sei das Paar auf einem Spaziergang gewesen, als Wersilows Sehkraft plötzlich schwächer geworden sei. Kurz darauf habe der Dreißigjährige kaum sprechen und gehen können.

"Als der Notarzt kam, hat er auf alle Fragen des Arztes mit dem Satz geantwortet: 'Nein, ich habe nichts gegessen und keine anderen Stoffe zu sich genommen'", sagte Wersilows Freundin dem Nachrichtenportal Meduza. "Auf dem Weg ins Kranklenhaus geriet er in einen schläfrig-ohnmächtigen Zustand. Er reagierte nicht mehr und erkannte mich nicht."

Pjotr Wersilow soll in die toxikologische Reanimationsabteilung des staatlichen Bakruschin-Krankenhaus in Moskau eingeliefert worden sein. Am selben Abend soll seine Mutter den Aktivisten besucht haben. Sie wurde angeblich nicht zu ihrem Sohn vorgelassen.

Zuletzt sorgte Pjotr Wersilow und seine Freundin Weronika Nikulschina weltweit für Aufsehen, als die beiden sich als Polizisten verkleideten und während des Fußball-WM-Finales Frankreich gegen Kroatien im Moskauer Luschniki-Stadium auf das Feld rannten. Sie wollten damit gegen die Unterdrückung politisch Andersdenkender in Russland protestieren. Beide wurden nach einigen Minuten von Ordnungskräften überwältigt. Später kamen die Aktivisten vors Gericht. Wersilow wurde zu einer kleinen Geldstrafe und fünfzehn Tagen Haft verurteilt.

Die Band Pussy Riot macht immer wieder mit kremlkritischen Künstleraktionen auf sich aufmerksam. Einige Mitglieder sind auch in Westeuropa unterwegs. 2012 waren Pussy Riot-Mitglieder nach einer Protestaktion in der Moskauer Christi-Erlöser-Kirche vor Gericht gekommen. Zwei von ihnen erhielten eine zweijährige Gefängnisstrafe.

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Juri Rescheto Chef des DW-Büros Riga