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Raheem Sterling trifft DFB-Team ins Mark

Thomas Klein aus Wembley
29. Juni 2021

Deutschland ist ausgeschieden. Im Achtelfinale der EURO 2020 unterliegt das Team von Bundestrainer Joachim Löw England in einem historischen Spiel. Besonders für einen Torschützen wird ein Traum wahr.

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EURO 2020 | Deutschland vs England | Tor Sterling
Sein Tor ist der "Eisbrecher": Raheem Sterling trifft und bringt England mit 1:0 in FührungBild: Catherine Ivill/REUTERS

Er war nicht mehr zu halten. Raheem Sterling sprintete nach seinem 1:0-Führungstreffer auf die Fans hinter dem Tor des geschlagenen Manuel Neuer zu. Er schrie, die Hände weit ausgebreitet - ein Tor voller Überzeugung, ein Treffer für die Geschichtsbücher. Sterlings Treffer ließ die vorher enge und spannende Partie zu Gunsten der Engländer kippen. Am Ende hieß es 2:0 (0:0) für die "Three Lions" - das DFB-Team war geschlagen, die Ära Joachim Löw als Bundestrainer beendet. Seit 1966 hatte kein englisches Team mehr eine DFB-Elf in der K.o-Phase eines großen Turniers besiegen können. Es war ein Sieg des Willens an diesem Abend im Wembley-Stadion.

Logisch, dass bei solch einem prestigeträchtigen Duell auch der Torschütze eine besondere Geschichte hat. Vom linken Arm abwärts hat sich Sterling ein Tattoo stechen lassen. Es zeigt einen kleinen Jungen, der ein Trikot mit der Nummer Zehn trägt und hoffnungsvoll mit einem Ball unter dem Arm auf das Wembley-Stadion schaut. Dieser Junge ist er selbst. Sterlings Geschichte ist besonders, weil er in unmittelbarer Nähe des Stadions aufgewachsen ist. Zunächst die beiden Türme des alten Wembley-Stadions, nach dem Umbau dann der berühmte Bogen, der das neue Stadion überragt - beides war von seiner Straße Neeld Crescent aus zu sehen, wo der heute 26-Jährige seine Kindheit verbrachte.

EURO 2020 | Deutschland vs England | Tor Sterling
Ein Spiel, wie er es sich vorher erträumt hat: Raheem Sterling trifft in "seinem Stadion" gegen DeutschlandBild: John Sibley/REUTERS

Schon beim 1:0-Erfolg über Kroatien in der EM-Gruppenphase hatte Sterling getroffen. "Da ich zwei Minuten die Straße runter aufgewachsen bin, weiß ich, dass ich hier treffen muss", hatte der Angreifer nach dem Sieg gegen Kroatien gesagt und ergänzt: "Ich habe immer gesagt, wenn ich bei einem großen Turnier in Wembley spiele, muss ich ein Tor schießen."

Fans sorgen für gute Stimmung

Lange Zeit war nicht klar, wie die Neuauflage des Klassikers zwischen England und Deutschland ausgehen würde. Beide Teams zollten dem jeweiligen Gegner viel Respekt, keine Mannschaft wollte den ersten möglicherweise entscheidenden Fehler machen. Mal verhinderte der Kopf von Mats Hummels den Führungstreffer, mal eine starke Parade von Manuel Neuer oder Englands Torhüter Jordan Pickford. Das Duell der beiden Fußball-Mächte lebte von der Spannung und der Stimmung.

Immer wieder stimmten die Fans Lieder an, feuerten ihre Mannschaft an und hätten wohl am liebsten selbst den Ball über die Linie gedrückt. Der quirlige Sterling bereitete der deutschen Defensive so manches Mal Kopfzerbrechen, kam aber in der Anfangsphase lediglich zweimal zu gefährlichen Abschlüssen, die einmal Neuer und ein anderes Mal Mats Hummels mit einer starken Grätsche entschärfen konnten.

"Football's coming home"

Kurz nach seinem Führungstreffer hätte Sterling dann sogar noch zum tragischen Helden werden können. Durch seinen Fehler wurde Thomas Müller in Szene gesetzt, doch der ließ die große Chance auf den Ausgleichstreffer liegen. Danach war für die englischen Fans im Stadion klar, dass sich die "Three Lions" dieses Mal den Erfolg nicht mehr nehmen lassen würden.

EURO 2020 | Deutschland vs England
Freude pur bei den Engländern: Nach seinem entscheidenden 2:0 muss Harry Kane einiges aushaltenBild: Catherine Ivill/REUTERS

Harry Kane begrub nur wenige Minuten vor dem Schlusspfiff endgültig alle Hoffnungen der DFB-Elf. Und während die einen erschöpft auf den Boden sanken, waren die Emotionen der Engländer nur schwer in Worte zu fassen.

Die Ehrenrunde wurde somit zu einer Achterbahnfahrt der Gefühle - für die Spieler und die Fans. "Football's coming home" wurde wohl noch nie zuvor mit so viel Inbrunst in dieser Arena gesungen wie an diesem Abend. Rund 40.000 englische Zuschauer feierten ihr Team und ihren Helden aus der Nachbarschaft. Der Fußball ist nach Hause gekommen - es gibt wohl wenige Abende, an denen dieser Satz besser auf den Ausgang eines Spiels passt als dieses Mal.