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Risiken und Nebenwirkungen einer Corona-Impfung

19. Januar 2021

Sind die rasch entwickelten Impfstoffe wirklich sicher? Mit welchen normalen Impfreaktionen muss ich rechnen? Welche Nebenwirkungen gibt es? Ein Überblick.

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Corona Impfstoff Pfizer
Bild: Robin Utrecht/picture alliance

Weltweit hoffen Millionen Menschen auf eine baldige Impfung gegen das Coronavirus. Gleichzeitig sind viele Menschen zwiegespalten, weil sie sich zwar einerseits gegen eine Infektion schützen wollen, gleichzeitig aber mögliche Nebenwirkungen durch eine Impfung fürchten. Sie haben Zweifel, ob die Impfstoffe angesichts des rasanten Entwicklungstempos tatsächlich sicher sind  und ob mögliche Nebenwirkungen ausreichend untersucht wurden.

Welche Impfreaktionen sind also normal, welche Nebenwirkungen sind möglich? Soll ich mich impfen lassen?

Normale Impfreaktionen

Es ist normal, dass es nach einer Impfung zu bestimmten Reaktionen kommen kann: Um die Einstichstelle herum kann es zu Rötungen, Schwellungen oder Schmerzen kommen. Auch Müdigkeit, Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sind in den ersten drei Tagen nach der Impfung nicht ungewöhnlich.

Diese normalen Impfreaktionen verlaufen meistens mild und legen sich nach ein paar Tagen wieder. Sie zeigen, dass der Impfstoff wirkt, denn er regt das Immunsystem an und der Körper bildet Abwehrstoffe gegen den durch die Impfung nur "vorgetäuschten" Infekt. 

USA New York | Krankenschwester Sandra Lindsay bekommt Covid-19 Impfung
Die typischen Impfreaktionen verlaufen mild und verschinden nach wenigen Tagen wieder Bild: Mark Lenninhan/AFP/Getty Images

Entsprechend wurde über solche typischen Impfreaktionen auch nach der Impfung der bereist im Einsatz befindlichen Vakzine von BioNTech-Pfizer, Moderna, AstraZeneca und beim russischen Sputnik V berichtet. 

Selten ernste Nebenwirkungen

Neben den typischen Impfreaktionen gab es aber auch in einzelnen Fällen zum Teil heftige Nebenwirkungen nach der Impfung, etwa allergische Schocks,  über die ausführlich berichtet wurde. Aber es sind Einzelfälle.

Insgesamt sind die zugelassenen Impfstoffe nach Auffassung der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), der US-Arzneimittelbehörde FDA oder der Weltgesundheitsorganisation WHO sicher, denn sonst hätten sie die Vakzine auch nicht zugelassen.

Einige der neuen Impfstoffe - sogenannte mRNA-Impfstoffe - unterscheiden sich dabei grundlegend von den etablierten Vakzinen: Sie enthalten keine abgeschwächten oder abgetöteten Viren, sondern lediglich eine Bauanleitung für einen Bestandteil des COVID-19-Erregers.

Andere sind sogenannte Vektor-Impfstoffe die harmlose Adenoviren (etwa Erkältungsviren, die nur Schimpansen befallen) als Transporter nutzen, um das Oberflächenprotein von SARS-CoV-2, das Spike-Protein, einzuschleusen und dadurch die Immunreaktion auszulösen. 

Hier ein Überblick über die häufig genannten Impfstoffe:

Risiken und Nebenwirkungen des Biontech-Pfizer-Impfstoffs

Während der Zulassungsphase traten bei dem Wirkstoff BNT162b2 der Unternehmen BioNTech aus Deutschland und Pfizer aus den USA keine ernsten Nebenwirkungen auf. Die typischen Impfreaktionen wie Müdigkeit, Kopfschmerzen fielen bei älteren Patienten seltener und schwächer aus. 

Corona-Pandemie | Impfstoff von BioNTech/Pfizer
Der Impfstoff von BioNTech-Pfizer wurde zuerst in der EU zugelassenBild: Jacob King/REUTERS

Seit dieser mRNA-Impfstoff im Einsatz ist, zeigten allerdings einige wenige Patienten unmittelbar nach der Injektion eine starke allergische Reaktion. Ein Patient in den USA und zwei Briten erlitten sogar einen sogenannten anaphylaktischen Schock, verbunden mit Hautrötungen und Atemnot. Da diese Personen weder vorerkrankt noch als Allergiker bekannt waren, warnten die britischen Behörden Allergiker vor der Impfung.

Keinen direkten Zusammenhang zur Impfung sehen die Hersteller beim Fall eines US-Arztes ohne Vorerkrankungen, der 16 Tage nach der Impfung an einer Hirnblutung infolge einer Immunthrombozytopenie starb. Dabei reduziert das Immunsystem die Anzahl der Blutplättchen.   

Für Schlagzeilen sorgten 33 Todesfälle in Norwegen wenige Tage nach der ersten Impfung, alle waren älter als 75 und hatten schwere Grunderkrankungen. Während die Hersteller nach den Ursachen suchen, hat die norwegische Gesundheitsbehörde ihre Anweisungen zur Impfung älterer, gebrechlicher Menschen gegen COVID-19 geändert. Ärzte sollen künftig individuell entscheiden, ob der Nutzen der Impfung die Risiken von Nebenwirkungen überwiegt.  

Risiken und Nebenwirkungen des Moderna-Impfstoffs

Der Impfstoff mRNA-1273 des US-Konzerns Moderna  ist ebenfalls ein genbasiertes Vakzin, das vom Prinzip her demjenigen von BioNTech/Pfizer sehr ähnlich ist.

Während der klinischen Studien wurde der Impfstoff laut Angaben des Herstellers und der Prüfungsbehörden von den Probanden gut vertragen. Die üblichen Impfreaktionen seien demnach nur leicht oder mäßig und nur von kurzer Dauer gewesen. Allerdings trat Abgeschlagenheit laut einem Zwischenbericht eines unabhängigen Überwachungsgremiums bei immerhin 9,7 Prozent der mit mRNA-1273 Geimpften auf.

Covid-19 Impfung "Moderna", Symbolbild
Der Impfstoff mRNA-1273 des US-Konzerns Moderna ähnelt vom Prinzip her demjenigen von BioNTech/Pfizer Bild: Dado Ruvic/Reuters

Schwere allergische Reaktionen auf den Moderna-Impfstoff sind nach Angaben der US-Gesundheitsbehörde CDC "selten". Die CDC stützte sich bei ihrer Einschätzung auf die Dokumentation von insgesamt 4.041.396 Impfstoff-Dosen, die zwischen dem 21. Dezember 2020 und dem 10. Januar dieses Jahres verabreicht worden waren. Insgesamt wurden dabei 108 allergische Reaktionen festgestellt, aber nur bei zehn Impfstoff-Empfängern sei ein sogenannter anaphylaktischer Schocks aufgetreten. Keine der allergischen Reaktionen habe zum Tod geführt.

Auch beim Moderna-Impfstoff gab es bei sehr wenigen Geimpften eine Lähmung des Gesichtsnervs. Ob diese Reaktionen aber tatsächlich im Zusammenhang mit der Impfung stehen, ist noch unklar.

Vereinzelte Fälle von Faszialisparese, einer meist vorübergehenden Lähmung der Gesichtsmuskeln, traten bereits vereinzelt während der klinischen Studien von BioNTech/Pfizer und bei Moderna, aber auch jetzt bei Impfungen in Israel auf. 

Möglicherweise wurden die Nebenwirkungen nicht von der mRNA, sondern von Lipid-Nanopartikeln ausgelöst, die als Träger der mRNA dienen und dann vom Körper abgebaut werden.

Risiken und Nebenwirkungen des AstraZeneca-Impfstoffs

Beim britisch-schwedischen Konzern AstraZeneca sorgte ein Zwischenfall während der klinischen Studien im September für Aufsehen, weil ein Proband nach der Impfung an einer Entzündung des Rückenmarks litt. Die Studie wurde kurzfristig unterbrochen,  bis ein unabhängiges Expertengremium feststellte, dass die Entzündung nicht in einem Zusammenhang mit der Impfung stehe. 

Polen Firmen arbeiten am Coronavirus Impfstoff
Der Impfstoff von AstraZeneca ist in der EU bislang noch nicht zugelassenBild: picture-alliance/NurPhoto/J. Porzycki

Auch beim Impfstoff von AstraZeneca traten ansonsten nur die typischen Impfreaktionen wie Schmerzen an der Einstichstelle, Muskel- und Kopfschmerzen oder Müdigkeit auf. Auch hier waren die Impfreaktionen bei älteren Probanden seltener und milder. 

Es handelt sich hierbei um einen Vektor-Impfstoff.  

Risiken und Nebenwirkungen des russischen Sputnik V-Impfstoffs

Bereits im August 2020 wurde in Russland der Vektor-Impfstoff Gam-COVID-Vac (Sputnik V) zugelassen, jedoch ohne die Phase-III-Studien mit Zehntausenden Probanden abzuwarten. Sputnik V nutzt zwei unterschiedlich modifizierte Adenoviren (rAd26-S und rAd5-S). 

Weltweit gab es erhebliche Vorbehalte gegen den vom Moskauer Forschungszentrum Gamaleja entwickelten Impfstoff, da es in der präsentierten Impfstoff-Studie auffällige Dopplungen gab, die auf eine Manipulation hinweisen könnten.

Trotzdem wird Sputnik V bereits in vielen Ländern verimpft, nicht nur in Russland, sondern auch in Weißrussland, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) sowie in Indien, Ungarn und jetzt auch in Argentinien.

Russland Corona-Pandemie Impfung
Die Vorbehalte gegen den russischen Impfstoff Sputnik V sind gebliebenBild: Sergey Pivovarov/Sputnik/dpa/picture alliance

Am 2. Januar 2021 erklärte der russische Gesundheitsminister Michail Muraschko gegenüber Journalisten, dass mehr als 1,5 Millionen Dosen in die russischen Regionen geliefert wurden und insgesamt mehr als 800.000 Menschen geimpft worden sind.

Laut russischem Gesundheitsministerium seien bislang nur die üblichen Impfreaktionen wie Kopfschmerzen oder Fieber registriert worden. Auch in Argentinien traten laut Gesundheitsministerium bei 317 der insgesamt 32.013 Geimpften solche typischen Impfreaktionen auf. 

Über schwere Nebenwirkung nach einer Sputnik V-Impfung gibt es keine Berichte. Gleichwohl sind die Vorbehalte auch in Russland offenbar groß. Laut einer Reuters-Mitteilung gaben 52 Prozent von 3040 russischen Ärzten und anderen Angehörigen von Gesundheitsberufen in Befragungen an, sich aufgrund nicht ausreichender Daten nicht mit Sputnik V impfen lassen zu wollen. 

Sollte man sich den Impf-Risiken auszusetzen?

Diese Frage muss letztlich jeder für sich entscheiden. Es ist eine individuelle Abwägungen der Vorteile und Risiken. Ist es mir wichtiger, mich und andere durch eine Impfung zu schützen und wieder ein normaleres Leben zu führen? Oder sind mir die Risiken dieser noch neuen Impfstoff-Technologien zu groß?

BG Coronavirus Impfung rund um die Welt | Kanada Ottawa
Jede Impfung ist eine Abwägung von Risiken und NutzenBild: Adrian Wyld/REUTERS

Alle bisher registrierten Risiken und Nebenwirkungen sind nur Momentaufnahmen der vergangenen Monate - das muss man bei aller Euphorie über die schnelle Impfstoffentwicklung festhalten. Über mögliche Langzeitfolgen der einzelnen Impfstoffe ist noch nichts bekannt. Klarheit werden wohl erst die Langzeitstudien bringen, die weltweit die Impfungen begleiten und auch nach der Zulassung fortgesetzt werden.

Bislang fehlen Informationen über seltene, möglicherweise auch schwere Nebenwirkungen, etwa bei seltenen Vorerkrankungen oder bei bestimmten Risikogruppen wie Allergikern.

Solche Nebenwirkungen werden erst nach der Impfung vieler Menschen und längerer Beobachtungszeit offensichtlich. "Es gibt deshalb ein Restrisiko", sagt Christian Bogdan, Direktor des Instituts für Klinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene an der Uniklinik Erlangen. "Wie hoch das ist, muss in den kommenden Monaten und Jahren geprüft werden." 

Abwägung von Nutzen und Risiken

Die Entscheidung basiere grundsätzlich immer auf einer Nutzen-Risiko-Abwägung, so Bogdan, der auch Mitglied der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) ist. 

Gegenüber der Deutschen Presseagentur machte er eine Beispielrechnung auf: Wenn ein alter Mensch bei einer Corona-Infektion mit einer Wahrscheinlichkeit von 20 Prozent stirbt, "und gleichzeitig das Risiko, eine schwere Nebenwirkung der Impfung zu bekommen, 1:50.000 oder noch weniger beträgt, würde ich dieses Risiko in Kauf nehmen."

Symbolbild | Coronavirus & Schwangerschaft | Mundschutz
Kinder und Schwangere sollten sich zunächst nicht impfen lassen, weil noch keine Daten vorliegenBild: picture-alliance/dpa/Pixsell/D. Stanin

Kinder hingegen würde Bogdan nicht impfen, weil ihr Risiko an COVID-19 zu sterben, gegen Null gehe und sie gleichzeitig noch ein sehr langes Leben vor sich hätten. 

Auch Frauen, die schwanger sind oder stillen, sollten sich laut Bogdan nach der aktuellen Datenlage vorsichtshalber nicht impfen lassen. Eine Empfehlung der US-Seuchenschutzbehörde CDC  schließt hingegen eine Impfung Schwangerer oder stillender Mütter mit mRNA Impfstoffen nach ärztlicher Untersuchung und Beratung nicht aus. 

Der Artikel wurde zuletzt am 25. Januar 2021 aktualisiert.

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund