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Russlands Angriff: "Schwarzer Tag für Europa"

Dagmar Breitenbach tk
25. Februar 2022

Künstler weltweit sind entsetzt über die russische Invasion in die Ukraine. Sie sprechen von einer "Verletzung der europäischen Friedensordnung".

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Eine Frau hält bei einer Demonstration in Köln ein Schild mit der Aufschrift "Stand with Ukraine" in den Händen.
Solidarität mit der Ukraine: Antikriegs-Demonstration in KölnBild: Federico Gambarini(dpa/picture alliance

Empörung gepaart mit Ungläubigkeit: Immer mehr Persönlichkeiten aus der internationalen Kunst- und Kulturszene  beziehen Stellung zu Russlands Einmarsch in die Ukraine. Wir haben einige von ihnen zusammengetragen:

Die belarussische Schriftstellerin Swetlana Alexijewitsch sagte der DW: "Was wir heute erleben, ist wie die 1930-er Jahre, als in Deutschland ein Mann an die Macht kam und sagte: 'Ich werde euch von den Knien erheben, wir werden eine Großmacht.'" "Ich hätte nie gedacht, dass ich selbst Krieg erleben werde. Ich habe ihn immer von der Seite beobachtet, selbst als ich in Afghanistan war. Und jetzt sind wir im Krieg. Es ist schrecklich, sich vorzustellen, was mit den Menschen passieren wird, die kämpfen werden. Sie dachten doch an ein Leben in der Zukunft und nicht in der Vergangenheit", so Alexijewitsch weiter.

Auch der deutsch-russische Autor Wladimir Kaminer sieht in Putin eine "eine sehr große Gefahr für den Weltfrieden".

Porträt des Schriftstellers Wladimir Kaminer
Wladimir Kaminer ist gebürtiger Russe und lebt seit 1990 in DeutschlandBild: 3S PHOTOGRAPHY/imago images

Die Ukraine existiere in Wladimir Putins Kopf nicht. Er ist außerdem überzeugt, "dass dieser Krieg gegen Europa und Amerika, gegen die westliche Welt geführt wird." Der russische Präsident lebe in der Vergangenheit, so Kaminer im DW-Interview.

Die UNESCO äußerte indes ebenfalls ihre tiefe Besorgnis "über die anhaltenden Militäroperationen und die Eskalation der Gewalt in der Ukraine".

Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) kündigte am Freitag (25.02.2022) an, den akademischen Austausch mit Russland einzuschränken. "Mit einem Staat, der mitten in Europa einen Angriffskrieg gegen sein Nachbarland führt, kann es keine normalen Beziehungen geben, auch nicht in der Außenwissenschaftspolitik", sagte DAAD-Präsident Joybrato Mukherjee.

Vom Eurovision Song Contest wird Russland ebenfalls ausgeschlossen, wie die Veranstalter am Freitagabend mitgeteilt haben. Das Land darf weder bei dem Gesangswettbewerb auftreten, noch mitvoten. 

"Stoppt unsere Mörder"

Das Jugendsinfonieorchester der Ukraine und seine Dirigentin Oksana Lyniv fordern "alle Regierungen von Europa auf, der Ukraine mit entschlossenem Handeln, mit militärischen und strengsten Sanktionen beizustehen und unsere Mörder zu stoppen". "Wir selbst werden niemals aufgeben, unser Heimatland und den Weltfrieden zu verteidigen - mit allen Kräften, mit der Kunst, mit der Musik und den richtigen Werten ", heißt es auf der Facebook-Seite der Dirigentin. 

Der Deutsche Bühnenverein nannte den russischen Angriff auf die Ukraine "einen schockierenden Verstoß gegen die europäische Friedensordnung". Der Verband erklärte, er sei "solidarisch zu all jenen, die weiter fest an diese Möglichkeiten eines vielfältigen und friedlichen Miteinanders, an die Kraft der Kunst und die befriedende Wirkung der Kultur glauben und die jetzt dafür streiten müssen." "Heute ist ein schwarzer Tag für Europa", hieß es weiter. 

"Ein schrecklicher Tag für Europa"

Im DW-Interview erklärte die ukrainische Schriftstellerin Katja Petrowskaja, die derzeit in Armenien ist: "Es ist nicht nur ein schrecklicher Tag für mich, es ist ein schrecklicher Tag für Europa, denn jetzt sind alle Masken gefallen". Putin würde die Menschen in einen "totalen Krieg" verwickeln, so Petrowskaja.

Der ukrainische Schriftsteller Andrij Kurkow, der seit frühester Kindheit in Kiew lebt, schildert eindrücklich die katastrophale Situation in seiner Heimatstadt. Von Künstlerinnen und Künstlern aus Russland erwarte er aber keine Unterstützung: "Tatsache ist, dass sich russische Künstler und Schriftsteller nicht darum kümmern. Entweder unterstützen sie Putin oder sie haben so viel Angst, dass sie sich nicht trauen, den Mund aufzumachen," sagte er im DW-Interview.

Prominente auf der ganzen Welt sind entsetzt

Die US-amerikanische Pop-Ikone Barbra Streisand twitterte: "Meine Großeltern väterlicherseits sind aus der Ukraine ausgewandert, und mein Herz bricht für die mutigen Menschen dort, die gegen diese russische Invasion kämpfen."

Auch die US-amerikanische Sängerin Miley Cyrus zeigte sich berührt: "Heute Morgen brach mir das Herz, als ich mit der Nachricht aufwachte, dass die Ukraine überfallen wurde. [...] Ich solidarisiere mich mit allen Menschen in der Ukraine, die von diesem Angriff betroffen sind."

Harte Worte für Putin findet ebenfalls der britische Musiker Peter Gabriel: "Ich bin sehr schockiert darüber, dass so viele Ukrainer getötet werden und ein völlig unnötiger Krieg in Europa angezettelt wird. Diese Invasion ist die barbarische Entscheidung eines einzelnen Mannes. Diese Aktion ist ein Kriegsverbrechen."

Jamala, die ukrainische Gewinnerin des Eurovision Song Contest 2016, postete ein emotionales Video auf Instagram mit ihren Kindern: "Ich weiß nicht, wie das möglich ist, aber sie haben friedliche Menschen in der Ukraine bombardiert. Bitte stoppt die russische Aggression. Unterstützt die Ukraine," appelliert sie in dem Video.

Auch aus Russland kommen Stimmen gegen die militärische Offensive. Der ehemalige russische Schachweltmeister Garri Kasparow twitterte: "Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen, aber ich hoffe, dass diejenigen, die Putin so lange ignoriert, verharmlost und runtergespielt haben, heute ein wenig Scham empfinden."

Die britische Sängerin Annie Lennox wurde auf Instagram gar poetisch: "Welchen 'Preis' müssen die einfachen Menschen für den albtraumhaften Wahnsinn und die Brutalität dieser 'Invasion' und 'Kriegsführung' zahlen? Oder ist dies nur ein ausgeklügelter Schwindel? Eine Abschreckungstaktik? Eine Drohung? Entschuldigt meine düstere Betrachtungsweise, aber ich hatte das Privileg, in einem 'friedlichen' Umfeld aufzuwachsen. [...] Ich betrachte das in keiner Weise als selbstverständlich und halte daher die Vorstellung von 'Krieg' für eine inakzeptable, abstoßende Barbarei."

Karneval: Friedensdemo statt Rosenmontagsumzug 

In Deutschland antworteten indes auch die Karnevalisten auf den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine. In Köln soll anstelle des traditionellen Rosenmontagsumzugs eine Friedensdemo stattfinden, bei der Persiflagewagen mit Osteuropa-Bezug im Fokus stehen.

Persiflagewagen mit Putin-Karikatur
Dieser Kölner Persiflagewagen zeigt den russischen Präsidenten Wladimir Putin beim Aufbau einer neuen Sowjetunion.Bild: Federico Gambarini/dpa/picture alliance

Konsequenzen zog nun auch die Theaterdirektorin Elena Kovalskaya, die Wladimir Putin offen als "Mörder" bezeichnete. Am Freitag (25.02.2022) kündigte sie ihren Rücktritt als Direktorin des Staatlichen Moskauer Vsevolod-Meyerhold-Theaters und -Kulturzentrums an. In einem Facebook-Post schrieb sie: "Freunde, aus Protest gegen die russische Invasion in die Ukraine verlasse ich meinen Posten als Direktorin. Es ist unmöglich, für einen Mörder zu arbeiten und von ihm ein Gehalt zu kassieren."

In St. Petersburg und anderen russischen Städten gingen mittlerweile mehrere hundert Menschen auf die Straße. Ihre Botschaft: "Nein zum Krieg!"

Adaption aus dem Englischen.