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Trumps vergessene schottischen Wurzeln

Peter Geoghegan / wo31. Mai 2016

Donald Trump will Immigranten von den USA fernhalten. Dabei scheint der voraussichtliche Präsidentschaftsbewerber seine eigenen Wurzeln vergessen zu haben, berichtet Peter Geoghegan von der schottischen Insel Lewis.

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Donald Trump's schottische Wurzeln auf der Insel Lewis (Foto: Peter Geoghegan)
Bild: Peter Geoghegan

Im Juni 2008 landete eine Boeing 727 auf dem Flughafen Stornoway der schottischen Insel Lewis. Auf dem Flugzeugrumpf stand in goldenen Buchstaben "Trump" geschrieben. Erst zum zweiten Mal in seinem Leben besuchte Donald Trump die Heimat seiner Mutter Mary Anne MacLeod. Vor seinem mütterlichen Zuhause, ein bescheidenes Haus im Dorf Tong auf der Insel Lewis, erzählte Trump den Reportern: "Ich fühle mich hier sehr wohl. Ich glaube, ich fühle mich schottisch."

Im Wahlkampf hat der voraussichtliche US-Präsidentschaftskandidat der Republikaner darüber gesprochen, Immigranten von den USA fernzuhalten - mit Mauern an der Grenze zu Mexiko und einem Einreiseverbot für Muslime. Aber Trump hat wenig über seine eigene Migrantengeschichte und die seiner Mutter erzählt. Sie hat Lewis, etwa 40 Meilen vom schottischen Festland entfernt, mit 18 Jahren verlassen, um ein neues Leben in den USA zu beginnen.

Trumps Wurzeln

Dabei verdankt "The Donald" diesem Ort viel mehr als er sagt - inklusive seinem Namen und vielleicht auch seinen typischen feuerroten Haaren.

"Auswanderung war immer ein Teil des Lebens hier", sagt Ahnenforscher Bill Lawson, als er durch Mary Anne MacLeods Familienbaum führt. Geboren wurde sie 1912 und wuchs mit neun Geschwistern auf. Von jedem Familienmitglied wurde erwartet, im Haushalt zu helfen und auf den Feldern zu arbeiten

In den 1920er Jahren lag die Wirtschaft von Lewis am Boden. Die wichtige Herings-Industrie litt unter gleich zwei Ereignissen: der Russischen Revolution und des Alkoholverbots in den USA - der gesalzene Fisch war ein beliebter Snack in Bars gewesen. Obendrein gab es gleich mehrere Missernten. 1930 verließ Mary Anne an Bord des schottischen Schiffs Transylvania ihre Heimat in Richtung New York.

Die von Ahnenforscher Lawson angestellten Recherchen zeigen ein lebftes Bild der Familie, die Mary Anne zurückließ. Bis auf einen waren alle Großeltern im Dorf Tong geboren. So auch Donald Smith, der 1868 starb, als sein Boot beim Fischen von einer Böe erfasst wurde und kenterte. Fortan war es Aufgabe von Witwe Mary, den Bauernhof am Laufen zu halten und die Kinder großzuziehen. Die Jüngste war Mary MacLeod, Trumps Großmutter, die 1963 im Alter von 96 Jahren starb.

Bill Lawson hat Trumps schottische Wurzeln erkundet (Foto: Peter Geoghegan)
Bill Lawson hat Trumps schottische Wurzeln erkundetBild: Peter Geoghegan

Stammt also Trumps Vorname von Urgroßvater Smith? "Das ist sehr wahrscheinlich", sagt Lawson. "Donald ist ein sehr geläufiger Name auf Lewis. Darum rufen wir auf der Straße auch nicht nach einem "Donald MacLeod", weil sich 40 von ihnen gleichzeitig umdrehen würden."

Haariges Geschäft

Auf dem weiteren Weg der Familienzweige macht Lawson eine überraschende Entdeckung: Trumps Ururgroßvater Alasdair MacLeod war überall als "Ruadh" oder "Roter" bekannt - eine Anspielung auf seine Haare. Vielleicht ist das der Ursprung von Trumps berühmt-berüchtigten Haaren, die in jüngeren Jahren eher rötlich-braun waren. "Rote Haare sind sehr verbreitet auf den Inseln", sagt Lawson.

Trump mag seine Strähnchen von hier haben, aber nur wenige Menschen auf der Insel begeistern sich für den potenziellen US-Präsidenten. Die meisten Insulaner betrachten Trumps Kandidatur mit einer Mischung aus Belustigung und Peinlichkeit. Die Tatsache, dass ihn so viele hier 'Domhnall Iain' nennen - sein erster und zweiter Vorname auf Gälisch - ist Ausdruck von Geringschätzung und kein Kosename.

In Lewis herrscht ein großer Lokalstolz, der oftmals mit der Kirche verbunden ist. Die Insel ist wohl Großbritanniens letzte religiöse Festung. Der Presbyterianismus ist zwar nicht mehr so mächtig wie zu Zeiten von Mary Annes Tagen. Aber bis zuletzt fuhr sonntags keine Fähre und viele halten noch immer den Sabbat ein. Ein dreifach verheirateter Casinobetreiber, der ein Star im Reality-TV wurde und nun wohl Präsidentschaftskandidat wird, passt nicht ganz zu den traditionellen Werten dieser Insel.

Lebensstil der Reichen und Berühmten

"Donald Trumps Lebensweise passt nicht zu seiner Herkunft", sagt Pastor James Maciver, der in der Nähe des Hauses der MacLeods aufwuchs. "Es geht nicht darum, dass er in finanzieller Hinsicht so erfolgreich geworden ist. Es ist die Art und Weise, wie er das geschafft hat. Ihm ist es egal, was mit den Leuten passiert, so lange er das bekommt, was er will. So etwas passt nicht zu der Mentalität auf dieser Insel", sagt Maciver.

Kandidat Donald Trump (Foto: Reuters)
Hat er seine Haare seinen schottischen Wurzeln zu verdanken?Bild: Reuters/J. Ernst

Trump hat noch immer Familie auf der Insel. Zwei Cousins, William und Alasdair Murray, leben noch immer im Haus der Familie MacLeod in Tong. Aber keiner ist bereit zu reden. "Es sind gute Leute, aber sie haben es satt, auf Trump angesprochen zu werden", sagt ein örtlicher Ladenbesitzer.

Einer redet hingegen gerne über Trump: Derick Mackenzie. Er gründete die Facebook-Gruppe "Lewis unterstützt Trump als Präsident", die derzeit 94 Likes hat. "Ich denke, er ist ehrlich. Das ist selten heutzutage - insbesondere unter Politikern", sagt Mackenzie. "Trump unterstützt die Bibel. Unsere Welt ist moralisch und wirtschaftlich so ruiniert, weil der Westen die Bibel lange Zeit missachtet hat. Das ist fatal."

Keine verlorene Liebe

Mary Anne kam regelmäßig nach Lewis zurück, bevor sie im Jahr 2000 im Alter von 88 starb. Trumps ältere Schwester Maryanne Trump Barry, eine Bundesrichterin, kam Dutzende Male. Erst vergangenes Jahr spendete sie 210.000 Euro für ein Pflegeheim und ein Hospiz in Stornoway.

Pastor James Maciver (Foto: Peter Geoghegan)
Pastor James Maciver gefällt Trumps Lebensstil nichtBild: Peter Geoghegan

Viele glauben, dass Trump 2008 nur deshalb nach Tong kam, um öffentliche Unterstützung für seinen umstrittenen Golfplatz zu sammeln. Der konnte erst gebaut werden, nachdem die schottische Regierung ein lokales Gericht überstimmt hatte.

"Die Familie hatte eine aufrichtige, langjährige Bindung hierher", sagt Rundfunksprecher Kenny MacIver. "Aber Donald? Nein. Bis zu dem Zeitpunkt, als es für ihn einen Nutzen brachte, hatte er kein Interesse."

Schottische Landschaft (Foto: Peter Geoghegan)
Trump wird im Sommer in Schottland erwartet - aber nicht in seiner HeimatBild: Peter Geoghegan

Es wird erwartet, dass Donald Trump in diesem Sommer nach Schottland zurückkehrt. Ein anderer Golfplatz, den er besitzt, wird wiedereröffnet. Aber nur wenige in Lewis glauben, dass er einen Überraschungsbesuch hierher machen wird. Seit 2008 war er nicht mehr da. Und selbst damals verbrachte er lediglich 97 Sekunden im Geburtshaus seiner Mutter.