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Warum sind Vorerkrankungen so gefährlich?

Gudrun Heise
25. März 2020

"Die Krankheit trifft vor allem Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen", ist immer wieder zu lesen. Aber was sind Vorerkrankungen? Warum sind sie so gefährlich?

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Klinik Intensivstation mit künstlicher Beatmung
Bild: Imago Images/Science Photo Library

Unser Immunsystem ist ein wahres Wunderwerk. Tagtäglich leistet es ganze Arbeit, und wir merken das meist nicht einmal. Es ist dafür zuständig, unseren Körper vor gefährlichen Eindringlingen zu schützen, beispielsweise vor Viren.

Bei Menschen mit einem schwachen Immunsystem kann das schwierig sein. Wenn eine Vorerkrankung hinzukommt, müssen diese Patienten besonders vorsichtig sein, um sich nicht mit einer Infektionskrankheit anzustecken. 

Mehr dazu: Coronavirus: Wer ist warum besonders gefährdet?

Corona bei Vorerkrankungen

Chronische Lungenerkrankungen

Bei Menschen mit Asthma ist die Lunge vorgeschädigt. Bei Anfällen ist die Bronchialschleimhaut angeschwollen, die Atemwege verkrampfen und verengen sich. Das wirkt sich vor allem auf das Ausatmen aus. Dafür benötigen die Patienten wesentlich mehr Kraft als Gesunde.

Asthmatiker können die Luft schlechter aus der Lunge ausatmen, es kann zu akuter Atemnot kommen, die Betroffenen haben Erstickungsängste. Der Körper ist damit beschäftigt, dem möglichst entgegenzuwirken und ist dadurch geschwächt.

Allein in Deutschland gibt es etwa 8 Millionen Asthmatiker. Die meisten von ihnen leiden unter einem von zwei verschiedenen Typen, dem allergischen Asthma und dem nicht-allergischen Asthma. 

Ein Asthmaanfall kann durch Allergene hervorgerufen werden oder von Infektionen der Atemwege wie es etwa bei einer Viruserkrankung der Fall ist. Der Körper muss nicht nur gegen das Asthma kämpfen, sondern auch gegen weitere Erkrankungen. Dem Körper wird sehr viel abverlangt, manchmal zu viel und das System funktioniert nicht mehr, im schlimmsten Fall mit fatalen Folgen. 

Mehr dazu: Kein leichter Job – was unser Immunsystem alles leistet

COPD - eine unheilbare Atemwegserkrankung

Auch COPD, die chronisch obstruktive Lungenerkrankung, gehört zu den Atemwegserkrankungen. Forscher gehen davon aus, dass Rauchen ein wichtiger Auslöser für COPD ist. In jedem Fall sind Patienten mit einer solchen Diagnose doppelt betroffen, wenn ihr Körper und ihr Immunsystem zusätzlich gegen eine weitere Krankheit kämpfen müssen.

Menschen, die durch eine solche Vorerkrankung geschwächt sind, haben größere Probleme mit einer Infektion fertig zu werden als Gesunde. Die Lunge ist vorgeschädigt, Viren haben relativ leichtes Spiel.

Diabetes

Menschen, die unter Diabetes leiden, haben per se ein schwächeres Immunsystem als Gesunde. Das gilt für beide Formen: Diabetes Typ 1 und Diabetes Typ 2. 

Typ 1 ist eine Autoimmunerkrankung. Dabei zerstören Antikörper die Betazellen in der Bauchspeicheldrüse, die Insulin produzieren. Davon aber produziert der Körper nicht genug und ist permanent überzuckert. Diese erhöhten Blutzuckerwerte schwächen die Abwehrkräfte. Kommt es zu einer Infektionskrankheit, im schlimmsten Fall mit Fieber, kann sich der Gesamtzustand bei Diabetikern verschlechtern. Das gilt selbst für Patienten deren Diabetes medikamentös gut eingestellt ist.

Aber es geht nicht nur um eine Störung des Zuckerstoffwechsels. Der Diabetes kann Gefäße verändern und Organe angreifen, den Organismus aus der Balance bringen. Dann kann der Köper sehr viel schlechter beispielsweise mit einem Virus umgehen, das in den Körper dringt. 

Herzkreislauferkrankungen

Zu diesen Erkrankungen gehört die koronare oder ischämische Herzkrankheit. Unter Ischämie versteht die Medizin eine Minderdurchblutung des Gewebes oder auch einen kompletten Ausfall der Durchblutung. Eine verengte Stelle in einem der Herzkranzgefäße – den Koronararterien - führt zu Sauerstoffmangel.

Verantwortlich ist Arteriosklerose, also Gefäßverkalkung. Ein Infekt kann da fatale Folgen haben. Auch bei Herzklappenfehlern müssen sich Menschen vorsichtiger verhalten als Gesunde. Bei allen, die unter einer Herz- Kreislauferkrankung leiden, kann eine Virusinfektion den Körper destabilisieren.

Ein funktionierender Stoffwechsel aber ist dringend notwendig. Sonst wird der Körper wesentlich angreifbarer, die Körperfunktionen sind eingeschränkt, der gesamte Körper überfordert.

Bluthochdruck wirksam bekämpfen – aber wie?

Bluthochdruck

Etwa 20 bis 30 Millionen Menschen sind allein in Deutschland von der Volkskrankheit Hypertonie, also von Bluthochdruck betroffen. Auch diese Erkrankung birgt ein erhöhtes Risiko bei Infekten. Durch Bluthochdruck kommt es längerfristig zu Schäden an den Gefäßen.

Wenn der Blutdruck dauerhaft zu hoch ist, hat das Einfluss auf das Herz, das auf Dauer mit Überlastung reagiert. Das kann zu schweren Herz- Kreislauferkrankungen führen und dann als Vorerkrankung dazu, dass der Körper schlechter mit einer Infektion zurechtkommt. Patienten erkennen die stille Gefahr oft zu spät, manchmal erst nach einem Schlaganfall oder einem Herzinfarkt. Für Viren ist das geschwächte System dann ein leichtes Opfer. 

Krebs

Durch Infektionen stark gefährdet sind auch Krebspatienten. Verschiedene Therapien schwächen ihr Immunsystem. Allein in Deutschland erkranken jeden Tag etwa 1.400 Menschen neu an einer Krebserkrankung.

Hunderttausende sind in Behandlung oder unterziehen sich einer Therapie. Dazu gehört Chemotherapie. Dabei setzen Ärzte Zytostatika ein. Sie sollen der Vermehrung von Krebszellen entgegenwirken. Aber sie greifen nicht nur Krebszellen an. Auch gesundes Gewebe leidet unter diesen Medikamenten.

Das wiederum hat großen Einfluss auf die Immunabwehr. Der Körper ist anfälliger für Krankheitserreger. In welchem Ausmaß der Körper davon betroffen ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, etwa von der Krebsart und vom Allgemeinzustand des Patienten.

Auf jeden Fall aber müssen Menschen, die mit Chemotherapie oder auch Bestrahlung behandelt werden, extrem vorsichtig sein, um jegliche Art von Infektionen und Krankheiten zu vermeiden. So müssen sie sich von Menschen, die beispielsweise eine Erkältung haben, fernhalten.

Erreger werden meistens über Tröpfcheninfektion übertragen. Hustet oder niest ein Erkrankter, verteilen sich die Erreger in einem großen Radius. Das kann für Krebspatienten extrem gefährlich werden.

Immunsuppressiva

Eine weitere, gefährliche Vorerkrankung sind Autoimmunerkrankungen. In solchen Fällen verschreiben die Ärzte ihren Patienten oft Immunsuppressiva. Sie unterdrücken das Immunsystem, das sich gegen den eigenen Körper richtet und ihn angreift. Die Medikamente schwächen das Immunsystem oder schalten es sogar aus.

Leben mit Multipler Sklerose

Das macht den Organismus anfälliger gegenüber Erregern wie Grippeviren oder Coronaviren. Zu dieser Gruppe der Patienten gehören beispielsweise Menschen mit Autoimmunerkrankungen wie Multipler Sklerose, Rheuma oder auch chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn. Auch Menschen, die an HIV erkrankt sind, nehmen solche Medikamente.

Immunsuppressiva helfen auf der einen Seite also, das Immunsystem unter Kontrolle zu halten, schwächen es aber auf der anderen Seite. Grassieren Viren und andere Erreger, müssen Menschen mit Autoimmunerkrankungen also besonders vorsichtig sein. Eine Ansteckung könnte sonst fatale Folgen haben.

Und übrigens: Manche Erreger sind auch für Menschen ohne Vorerkrankungen sehr gefährlich. Vorsicht und Hygiene sollten also alle wahren. 

Mehr dazu: Ernst Jung-Karriere-Nachwuchspreis für Forschung zu Morbus Crohn