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Die Bundesliga in der Energiekrise

12. August 2022

Die steigenden Energiepreise infolge des Ukraine-Kriegs beschäftigen auch die Fußball-Bundesligisten. Ein einheitliches Sparkonzept gibt es nicht, zu unterschiedlich sind die Voraussetzungen der Vereine.

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Bei blauem Himmel brennt im Stuttgarter Stadion das Flutlicht
Auch bei Tageslicht brennt in Bundesliga-Stadien, hier in Stuttgart, das Fluchtlicht - u.a. wegen der TV-ÜbertragungenBild: Pressefoto Baumann/picture alliance

Der SC Freiburg ist fein raus, zumindest einigermaßen. Der Verein sei "in einigen Bereichen gut aufgestellt", antwortet der Klub auf eine DW-Anfrage an die Bundesligisten, wie sie mit der durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Energiekrise und den immer höheren Gaspreisen umgehen. Der SC Freiburg versuche seit langem, "sich unabhängig von Preisschwankungen zu machen" und setze zudem auf "nachhaltige Energie".

Das neue Stadion ist nicht einmal ein Jahr alt, erst Mitte Juli wurde das riesige Solardach eingeweiht, das auch international Maßstäbe setzt. 6200 Solarpanels erzeugen eine Spitzenleistung von rund 2,4 Megawatt. Weltweit hat lediglich das Stadion des türkischen Traditionsklubs Galatasaray ein deutlich größeres (10.400 Panels) und leistungsstärkeres (4,2 Megawatt) Solardach.

Mit mehr als 1700 Sonnenstunden im Jahr gilt Freiburg als sonnenreichste Stadt Deutschlands. Der prognostizierte Strombedarf des Stadions soll über die Photovoltaik-Anlage komplett abgedeckt werden. Zudem wird die gesamte Wärmeversorgung des Stadions - inklusive der energie-intensiven Rasenheizung - mit der Abwärme sichergestellt, die bei der Produktion eines benachbarten Chemiekonzerns entsteht.

Energiefresser Rasenheizung und Flutlicht

Auf Fernwärme und Ökostrom statt auf Gas oder Öl setzt auch Bayer 04 Leverkusen in seiner Arena. "Damit nutzen wir zwei Energieträger, die nicht direkt von der aktuell kritischen Versorgungssituation betroffen sind", lässt der Verein wissen. "Und dadurch, dass wir Ökostrom generell weit im Voraus kaufen, sind wir langfristig abgesichert." Zudem bemühe man sich schon seit langem darum, den Energieeinsatz zu optimieren. So sei die Rasenheizung des Stadions "mit einer Wetterstation gekoppelt, was den Einsatz tatsächlich nur im konkreten Bedarfsfall erfordert".

Der deutsche Rekordmeister FC Bayern setzt ebenfalls bei der Rasenheizung einen Hebel an, um den Energieverbrauch zu senken. Die Anlage wird nicht mehr mit Gas betrieben, sondern mit einer Luft-Wärme-Pumpe, deren Energiebedarf größtenteils mit Solarstrom gedeckt wird. Die Laufzeit der Außen-LED-Beleuchtung der Arena nach Einbruch der Dunkelheit wird von sechs auf drei Stunden halbiert. Auch eine mögliche kürzere Laufzeit der LED-Flutlichtanlage gehöre zu den Maßnahmen, über die man bei den Bayern wegen der Energiekrise diskutiere, sagt ein Vereinssprecher der DW. "Wir sind ja auch aus Kostengründen daran interessiert. Für uns wird das sonst sauteuer."

Rot beleuchtete Außenhülle der Münchener Arena mit Abendhimmel
Die Außenhülle der Münchener Arena leuchtet künftig nur noch halb so langBild: picture-alliance/SvenSimon

Warum kann man nicht einfach die Anstoßzeiten früher legen und damit Flutlicht sparen? Die DFL verweist auf bestehende Verträge. Doch auch in dieser Frage scheint es Bewegung zu geben. Energie zu sparen, auch über einen "Teilverzicht", sei eine "gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der wir uns nicht entziehen", lässt Werder Bremen die DW wissen. "Wir befinden uns dazu im engen Austausch mit der DFL und den TV-Produktionsfirmen. Eine von vielen Ideen, die hier diskutiert wird, ist die Flutlichtreduktion zum Beispiel bei Nachmittagsspielen." Die DFL schreibt eine gewisse Lichtstärke vor, um hochwertige TV-Übertragungen zu gewährleisten. Auch die Torlinientechnik funktioniert nur bei ausreichender Beleuchtung.

Einige Klubs sind nur Mieter

Etwa die Hälfte der Flutlichtanlagen in den Bundesliga-Stadien wurden bereits auf LED-Leuchten umgestellt. Diese sind zwar in der Anschaffung teurer als herkömmliche Halogen-Flutlichter, aber im Betrieb deutlich kostengünstiger und auch langlebiger.

Eine solche Investition liegt jedoch nicht immer allein im Ermessen der Fußballvereine. Nicht alle Stadien gehören den dort spielenden Bundesligisten. So sind beispielsweise Eintracht Frankfurt, der FSV Mainz 05, der 1. FC Köln oder auch Hertha BSC Mieter ihrer jeweiligen Städte. Andere Klubs sind nur Miteigentümer der Stadien neben der Stadt, wie etwa Werder Bremen (50 Prozent Klub/50 Prozent Stadt) oder der VfB Stuttgart (40/60).

Ein einheitliches Konzept aller Vereine unter dem Dach der DFL, vergleichbar mit dem Hygienekonzept während der Corona-Pandemie, kann es daher nicht geben. Zu unterschiedlich sind die Voraussetzungen der Vereine. Alle Klubs eint jedoch das Bemühen, Energie und damit auch Kosten einzusparen - und das nicht erst seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Der Konflikt hat den Druck jedoch erhöht, noch weiter an den Sparschrauben zu drehen. Die Uhr tickt.

Gefülltes Rheinenergie-Stadion
Die Spielstätte des 1. FC Köln gehört einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft der Stadt KölnBild: picture-alliance/nordphoto/Meuter

Das wissen auch die Verantwortlichen bei Borussia Mönchengladbach. Noch gelten für den Bundesligisten "langfristige Verträge zu festen Preisen", die der Verein mit seinem Energieversorger abgeschlossen hat. "Erst wenn die Bundesregierung die Alarmstufe, die dritte Stufe des "Notfallplans Gas" ausrufen sollte, können Versorgungsunternehmen trotz bestehender Verträge die gestiegenen Kosten direkt an die Verbraucher weitergeben", teilt der Klub der DW mit. "Dann werden auf Borussia erhebliche Mehrkosten bei der Gasversorgung zukommen."

Vom Kühlschrank bis zum Entmüdungsbecken

Schon jetzt wird das Mönchengladbacher Stadion nur an Spieltagen grün beleuchtet und nicht mehr wie sonst täglich. Wie die Borussia haben auch die meisten anderen Vereine an ihre Mitarbeitenden appelliert, wo immer möglich, Energie einzusparen. Werder Bremen - übrigens wie der SC Freiburg einer der Bundesliga-Vorreiter in Sachen Solartechnik - hat bereits im März eine "Energie-Taskforce" ins Leben gerufen. Sie soll Einsparpotentiale finden, egal wie klein der Hebel auch erscheinen mag. Die Kühlschränke im Gastronomiebereich des Stadions bleiben zwischen den Spieltagen ausgeschaltet, ebenso Klimageräte in diesem Sommer. Zudem senkte der Verein die Vorlauftemperatur der Heizungsanlage.

In der Münchener Arena werden die Räume im Sommer um zwei Grad Celsius weniger gekühlt bzw. in den kälteren Jahreszeiten gewärmt, das Wasser in den Sanitäranlagen bleibt kalt. Mieter von Logen müssen nun beantragen, dass die Räume geheizt werden. Bisher wurden sie die ganze Zeit über auf einer bestimmten Temperatur gehalten. Vereine wie die TSG Hoffenheim oder auch die Gladbacher Borussia sparen zudem an der Beleuchtung, sowohl im Innen- als auch im Außenbereich, etwa bei der Ausleuchtung von Parkplätzen. In Mönchengladbach teilen sich die Profis ihr Entmüdungsbecken mit dem U23-Team und anderen Nachwuchsmannschaften. Die meisten Klubs, die auf die DW-Anfrage antworteten, wollen zudem ihre Rasenheizungen so wenig wie nur irgend möglich einsetzen, nicht nur im Stadion, sondern auch auf ihren Trainingsanlagen.

Dabei spielt ihnen die Weltmeisterschaft in Katar in die Karten. Wegen des Turniers pausiert der Bundesliga-Spielbetrieb vom 13. November bis 21. Januar 2023. Das ist die wohl effizienteste Energiesparmethode - zumindest außerhalb Katars.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter