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Die Sonntagsfrage

Sabine Kinkartz22. September 2013

Das politische Klima wird in Deutschland regelmäßig erforscht. Meinungsumfragen sind aber vor allem vor den Wahlen gefragt. Doch wie kommen die Erhebungen eigentlich zustande und inwieweit ist auf die Ergebnisse Verlass?

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Stand: 12.09.2013 --- DW-Grafik: Peter Steinmetz

Die Erinnerung an den Wahlabend des 18. September 2005 ruft bei vielen Christdemokraten heute noch gemischte Gefühle hervor. Meinungsforschungsinstitute hatten für die CDU/CSU noch zwei Tage vor der Bundestagswahl ein Ergebnis von deutlich über 40 Prozent vorhergesagt. Zusammen mit dem für die FDP prognostizierten Wahlergebnis hätte es für die Bildung einer schwarz-gelben Bundesregierung gereicht.

Doch die Wähler machten den Demoskopen einen Strich durch die Rechnung. Mit rund 35 Prozent der Stimmen erzielte die Union eines der schlechtesten Wahlergebnisse ihrer Geschichte. Die SPD schnitt deutlich besser ab, als in den Prognosen vorhergesagt. Am Ende reichte es weder für eine schwarz-gelbe, noch für eine rot-grüne Regierung, sondern Union und SPD einigten sich auf eine Große Koalition.

Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel und der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder 2005 beim sogenannten TV-Kanzlerduell. Foto: Julia Fassbender/Bundesregierung, Pool/Getty Images
Bis zu 43 Prozent der Stimmen wurden der CDU 2005 vorausgesagt, am Ende waren es nur 35Bild: Julia Fassbender/Bundesregierung - Pool/Getty Images)

Wo lag der Fehler?

Wie konnte großen Meinungsforschungsinstituten wie infratest dimap, Allensbach, Forsa, Emnid oder auch der Forschungsgruppe Wahlen eine solche Fehleinschätzung unterlaufen? An der Methodik der Demoskopen lag es nicht. Denn die kann nur aktuelle Wahlneigungen messen und nicht das tatsächliche Wahlverhalten. Im Mittelpunkt steht dabei die sogenannte "Sonntagsfrage". Der Fragentext lautet: "Wen würden sie wählen, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre?". Gefragt wird zwar nicht jeder einzelne der knapp 62 Millionen Wahlberechtigten in Deutschland, sondern lediglich eine kleine Auswahl von Personen, in der Regel 1000. Diese Befragten sind aber so ausgewählt, dass sie repräsentativ für alle Wahlberechtigten stehen, also möglichst alle Merkmale in verkleinertem Maßstab abbilden.

Gewährleistet wird das durch eine strenge Zufallsauswahl, die computergesteuert abläuft. Bei der Forschungsgruppe Wahlen beispielsweise werden zunächst Privathaushalte ausgewählt, dann eine Person eines jeden Haushalts. Hierbei wird diejenige Person befragt, die von den Wahlberechtigten im Haushalt zuletzt Geburtstag hatte. Die Umfragen werden telefonisch durchgeführt. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa verfügt dafür über 300 Bildschirm-Telefoninterviewplätze in Berlin und Dortmund und arbeitet mit 1200 Interviewern zusammen.

Umfragen bis zuletzt

Solche Erhebungen sind jedoch Momentaufnahmen. Die Wahlforscher haben festgestellt, dass viele Wähler noch am Wahltag ihre Meinung ändern. 2005 traf das auf ein Viertel aller Wahlberechtigten zu. Ob sie dabei von den Meinungsumfragen zusätzlich beeinflusst wurden, kann niemand so genau sagen. Trotzdem wächst die Kritik an den immer kurzfristiger vor der Abstimmung veröffentlichten Stimmungsbarometern. Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert ist der Meinung, dass es kurz vor einer Bundestagswahl keine Erhebungen mehr geben sollte. Veröffentlichungen am Wahltag sollten sich von selbst verbieten, so Lammert.

Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten in Deutschland haben das bislang genau so gehandhabt. In der Woche vor der Wahl gab es keine Umfrageergebnisse mehr. Erstmals ist nun das ZDF aus dieser Regelung ausgeschert und hat kurzfristig noch eine Umfrage ausgestrahlt. Die Boulevard-Zeitung "Bild am Sonntag" will sogar am Wahltag selbst eine Emnid-Befragung veröffentlichen.

Welche Partei die Bundestagswahl am Ende tatsächlich für sich entscheiden wird, das wird jedoch erst am Wahlabend gegen 18 Uhr absehbar sein. Dann geben die Meinungsforschungsinstitute ihre sogenannten Prognosen frei, für die sie am Wahltag in repräsentativ ausgewählten Stimmbezirken bis zu 50.000 Wähler befragt haben. Allerdings erst, nachdem sie gewählt haben.