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Deutschland pocht auf UN-Reform

13. Oktober 2010

Nach der Wahl Deutschlands in den UN-Sicherheitsrat drängt die Bundesregierung auf eine Reform des höchsten Gremiums der Vereinten Nationen. Fernziel: Ein ständiger Sitz für Deutschland.

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Guido Westerwelle (r.) in New York (Foto: dpa)
Westerwelle in New YorkBild: picture alliance/dpa

Am Ende war es ein hauchdünner Vorsprung, der Bundesaußenminister Guido Westerwelle in New York den erhofften Erfolg bescherte. Gleich im ersten Wahlgang hatten am Dienstag (12.10.2010) in der UN-Vollversammlung 128 Mitgliedsländer der Vereinten Nationen dafür gestimmt, Deutschland für zwei Jahre Sitz und Stimme im Weltsicherheitsrat zu geben. Die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit hatte bei 127 Stimmen gelegen. In Deutschland wurde die Entscheidung mit Genugtuung aufgenommen.

Diplomatischer Erfolg

Angela Merkel (Foto: dpa)
Merkel: "Eine Ehre für uns"Bild: picture-alliance/dpa

Deutschland werde nun "alles tun, um das Vertrauen der UN-Vollversammlung zu rechtfertigen", sagte Westerwelle. "Die Welt weiß, dass sie sich auf uns verlassen kann." Deutschland werde für Frieden, Abrüstung, Klimaschutz und Entwicklungshilfe eintreten. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einem großen diplomatischen Erfolg für die deutsche Außenpolitik. Auf dem Rückflug von einer zweitägigen Balkanreise versprach sie, die Bundesrepublik werde ihre Arbeit im Sicherheitsrat eng mit den europäischen Partnern abstimmen.

Neben Deutschland schaffte auch Portugal den Sprung in den 15-köpfigen Sicherheitsrat, nachdem sich Kanada nach einem zweiten Wahlgang geschlagen gegeben hatte. Die drei Länder waren in der Gruppe "West-Europa und andere" gegeneinander angetreten, zwei Plätze wurden hier vergeben. Außerdem rücken von Januar 2011 bis Dezember 2012 Indien, Südafrika und Kolumbien in das mächtige UN-Gremium ein - sie waren als Konsenskandidaten für die Staatengruppen Asien, Afrika und Lateinamerika nominiert worden. Noch bis Ende 2011 im Sicherheitsrat sind Brasilien, Nigeria, Gabun, der Libanon und Bosnien-Herzegowina.

"Nicht in Ordnung"

UN-Sicherheitsrat (Foto: P. Gruban)
Hier darf Deutschland 2011 und 2012 Platz nehmenBild: cc-by-sa-Patrick Gruban

Die fünf neu gewählten Staaten werden als "nicht-ständige Mitglieder" im Rat kein Vetorecht haben. Dieses ist den fünf ständigen Mitgliedern USA, China, Russland, Frankreich und Großbritannien vorbehalten. Westerwelle kritisierte, dies spiegele die "Machtarchitektur" aus der Zeit direkt nach dem Zweiten Weltkrieg wider. So versicherte denn auch Kanzlerin Merkel: Deutschland werde sich in dem Gremium dafür einsetzen, "dass die Reform des Sicherheitsrats auch vorangebracht wird". Sie glaube, dass sei "eine Erwartung, die viele in der Welt haben".

Westerwelle betonte: Die Strukturen der Vereinten Nationen müssten reformiert werden, "um sie effektiver zu machen." Es sei "nicht in Ordnung, dass zwei Kontinente wie Afrika und Lateinamerika überhaupt nicht ständig im Sicherheitsrat vertreten sind. Auch Asien betrachtet sich zu Recht als unterrepräsentiert." Deswegen gehe es bei der Reform der Vereinten Nationen nicht zuerst um einen ständigen Sicherheitsratssitz für Deutschland. Mittelfristig aber wohl schon, ließ Westerwelle durchblicken.

Deutsche Politiker saßen bisher fünfmal im Sicherheitsrat, zuerst 1977, zuletzt 2003/2004. Eine dieser fünf Amtszeiten, 1980/1981, lief unter der Flagge der damaligen DDR. Nach Artikel 24 I der UN-Charta haben die UN-Mitglieder dem Sicherheitsrat die Hauptverantwortung für die "Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit" übertragen. Der Rat ist das einzige Organ der Vereinten Nationen, dessen Beschlüsse für die 192 UN-Mitgliedsländer bindend sind. Er kann Sanktionen verhängen, Blauhelm-Truppen entsenden und - als letztes Mittel - sogar die Anwendung militärischer Gewalt beschließen.

Autor: Christian Walz (dpa, afp, dapd, rtr)
Redaktion: Hans Ziegler