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Megawahl in Indonesien

Hendra Pasuhuk 6. April 2004

Sechs Jahre nach dem Sturz des Machthabers Suharto hat Indonesien am Montag (5.4.) zum zweiten Mal ein neues Parlament gewählt. Dabei wurden die Weichen für die erste direkte Präsidentenwahl Anfang Juli gestellt.

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Tausende Unterstützer der Regierungspartei PDIPBild: AP

Am 5. April 2004 fanden in Indonesien mehrere Wahlen gleichzeitig statt. Neben dem Nationalparlament (DPR) entschieden die Wähler im bevölkerungsreichsten islamischen Land der Erde auch über die Zusammensetzung des neugeschaffenen Regionalrats (DPD). Zudem wurden die Parlamente der Provinzen und Kommunen (DPRD) gewählt. Das Land bewältigte damit eine Megaabstimmung: 147 Millionen Wähler entscheiden über die Verteilung von insgesamt fast 16.000 Mandaten.

Weil es mehrere Tage dauert, bis alle Daten aus den entlegenen Regionen des pazifischen Inselstaates eingetroffen sind, soll das offizielle Wahlergebnis erst am 28. April verkündet werden.

Posten im Doppelpack

Zur Wahl standen 24 Parteien. Sie kämpften vor allem um die 550 Sitze im nationalen Parlament kämpfen. Das Abschneiden der Parteien entscheidet dabei auch mit über die Aufstellung der Kandidaten für die Wahl von Präsident und Vizepräsident am 5. Juli. Diese beiden Posten werden in Indonesien quasi im Doppelpack und direkt vom Volk besetzt. Wenn keines der Kandidatenpaare mehr als 50 Prozent erreicht, was sehr wahrscheinlich scheint, gibt es eine Stichwahl am 20. September.

Anhänger von Megawati Sukarnoputri
Anhänger von Megawati SukarnoputriBild: AP

Bei den Parlamentswahlen 1999 hatten sich fünf Parteien als politische Kräfte etabliert: Sieger wurde die Demokratische Partei des Kampfes (PDIP) von Präsidentin Megawati Sukarnoputri mit 33,8 Prozent. Die ehemalige Regierungspartei Golkar landete mit großem Abstand an zweiter Stelle. Dann folgten die Partei des nationalen Erwachens (PKB), die Vereinigte Entwicklungspartei (PPP) und die Partei des nationalen Mandats (PAN).

Wenig eindeutige Ablehnung

Sowohl PKB als auch PAN bezeichnen sich offiziell nicht als islamische, sondern als nationalistische Parteien. Beide lehnen einen islamischen Staat öffentlich ab und treten für Pluralismus und Demokratie ein. Die Position der PPP und ihres Führers Hamzah Haz in diesem Punkt ist allerdings weniger eindeutig. Zwar lehnt Haz in öffentlichen Verlautbarungen einen islamischen Staat ab, weil - wie er sagt - "diese Idee sowieso nicht mehrheitsfähig" sei. Aber die PPP setzt sich für die Anwendung der islamischen Rechtssprechung Scharia ein, die laut Haz "zunächst für einige Regionen" gelten sollte.

Letzte Meinungsumfragen sagten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Megawatis PDIP und Golkar voraus. Aber wie aussagekräftig diese Vorhersagen sind, ist ungewiss. Über das Verhalten der indonesischen Wähler ist nur wenig bekannt - auch weil es kaum Erfahrungen auf diesem Gebiet gibt. Freie Wahlen fanden in der fast 60-jährigen Geschichte der Republik erst zwei Mal statt - 1955 und dann erst wieder 1999. Zwar hat Megawatis PDIP in jüngster Zeit viel an Zustimmung verloren, doch die Präsidentin gilt weiterhin als populärste Figur Indonesiens. Eine weitere Besonderheit ist: Keine der 24 zur Wahl antretenden Parteien verfügt über ein detailliertes Wahlprogramm. Die Unterschiede zwischen den Parteien beschränken sich meist auf ihr generelles Image und das Image ihrer Kandidaten.

Stimmzettel mit "kleinen Fehlern"

Das neue Wahlsystem ist viel komplizierter als vorher, weil erstmals das Mehrheitswahlrecht angewandt wird. Die Wähler könnten ihren Kandidaten jetzt auch direkt wählen. Zugleich begünstigt das neue System jedoch die großen Parteien - was in Indonesien selbst mehreren Politikern noch nicht bewusst zu sein scheint. Es könnte deshalb Streit bei der Stimmenauszählung und Sitzverteilung geben. Außerdem hatte die nationale Wahlkommission bis zuletzt große Schwierigkeiten bei Produktion und Lieferung der über 600 Millionen Stimmzettel. Wegen des Zeitdrucks werden jetzt auch Stimmzettel mit - wie es heißt - "kleinen Fehlern" zur Verwendung freigegeben.