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Misstrauensvotum bringt kanadische Regierung zu Fall

29. November 2005

Nur 17 Monate konnte sich die kanadische Regierung halten. Jetzt wurde die liberale Minderheitsregierung unter Paul Martin mit einem Misstrauensvotum zu Fall gebracht. Neuwahlen werden vermutlich im Januar stattfinden.

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Augen zu und durch? Paul MartinBild: AP

Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte am Montagabend (28.11.2005) in Ottawa für einen Misstrauensantrag der Opposition. Die drei Oppositionsparteien hatten erklärt, wegen eines Korruptionsskandals habe Martins liberale Regierung "die moralische Autorität zum Regieren verloren". Nach kanadischen Medienberichten sollen am 23. Januar Neuwahlen stattfinden. Bereits im Mai hatte Martin ein Misstrauensvotum denkbar knapp mit nur einer Stimme überstanden.

"Ende einer müden Regierung"

Unterstützt wurde der neue Misstrauensantrag neben den Konservativen auch von der Neuen Demokratischen Partei (NPD) und dem Bloc Québecois, der Partei der französischsprachigen Kanadier. Im Parlament in Ottawa stimmten 171 Abgeordnete für den Antrag, 133 dagegen. Martin kündigte an, am Dienstag die britische Generalgouverneurin in Kanada formell um die Auflösung des Parlaments zu bitten. Der Chef der Konservativen, Stephen Harper, sprach vom Ende einer müden, orientierungslosen und skandalgeplagten Regierung, das dem Land eine glänzende neue Zukunft eröffne.

Korruptionsskandal

Former Canadian Prime Minister Jean Chretien
Ex-Premierminister Jean ChrétienBild: AP

Im Zentrum des Korruptionsskandals steht der ehemalige liberale Regierungschef Jean Chrétien, der zwischen 1995 und 2002 öffentlich Aufträge in Millionenhöhe an Werbeunternehmen in der französischsprachigen Provinz Québec vergeben ließ. Mit PR-Kampagnen wollte Chrétien die Einwohner Québecs für die nationale Einheit des Landes gewinnen. Der erst seit Dezember 2003 regierende Martin wurde von einer Untersuchungskommission vom Verdacht reingewaschen, etwas mit der Sache zu tun gehabt zu haben. Bei der Parlamentswahl im Juni vergangenen Jahres kostete ihn der Skandal jedoch die Mehrheit, seitdem stand er an der Spitze einer Minderheitsregierung.

Siegessicherer Martin

Vor Abgeordneten seiner liberalen Fraktion zeigte sich Martin mit Blick auf die vorgezogene Neuwahl im Januar siegessicher: "Wir werden gewinnen", sagte der Politiker. Die Liberalen hätten gute Erfolge ihrer Regierungsarbeit vorzuweisen, darunter die niedrigste Arbeitslosenrate seit 30 Jahre und eine starke Wirtschaft. Steuererleichterungen im Milliardenumfang seien geplant, die kanadische Staatsverschuldung sei stark reduziert worden. Den Konservativen warf Martin vor, mit dem nach Unabhängigkeit strebenden Bloc Québecois gemeinsame Sache gemacht zu haben. Umfragen lassen eine erneute Minderheitsregierung unter den Liberalen erwarten. Die Opposition unter dem Konservativen Stephen Harper verspricht der Bevölkerung niedrigere Steuern und ein Verbot der von den Martins Partei akzeptierten Homo-Ehe. (chr)