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Poker um Truppenaufstockung in Afghanistan

3. Dezember 2009

Deutschland hat zurückhaltend auf die massive Aufstockung der US-Truppen in Afghanistan reagiert. Die Bundesregierung setzt stattdessen auf noch mehr Hilfen bei der Ausbildung afghanischer Polizisten.

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Afghanische Polizeikräfte (Foto: AP)
Sollen besser ausgebildet werden: Afghanische PolizistenBild: AP

"Es wird keine militärische Lösung geben - was wir brauchen, ist eine politische Lösung, die militärisch unterstützt wird", erklärte Bundesaußenminister Guido Westerwelle am Mittwoch (02.12.2009). Deutschland sei bereit, beim zivilen Aufbau mehr zu tun - beispielsweise bei der Ausbildung afghanischer Polizisten. Dadurch könnten die Afghanen in die Lage versetzt werden, selbst für ihre Sicherheit zu sorgen. "Niemand will, dass dieser Einsatz ewig und drei Tage dauert", betonte Westerwelle.

100.000 amerikanische Soldaten

Barack Obama (Foto: AP)
Obama bei seiner Rede an der Militär-Akademie West PointBild: AP

US-Präsident Barack Obama hatte bekanntgegeben, weitere 30.000 amerikanische Soldaten nach Afghanistan zu entsenden. Die Zahl der am Hindukusch stationierten Amerikaner wird somit auf rund 100.000 steigen. Bereits in den nächsten zwei bis drei Wochen soll mit der Entsendung zusätzlicher Einheiten begonnen werden. Insgesamt werde die Verlegung der zusätzlichen Truppen 18 bis 24 Monate dauern, teilte US-Verteidigungsminister Robert Gates mit.

Der von Obama bei seiner Rede vom Dienstag angepeilte US-Truppenrückzug ab Sommer 2011 steht nach Gates Worten nicht unverrückbar fest. Im Dezember nächsten Jahres werde die neue Afghanistan-Strategie auf den Prüfstand gestellt, erläuterte Gates.

Die anderen NATO-Mitglieder und weitere Verbündete haben derzeit rund 38.000 Soldaten in Afghanistan stationiert. Nach der US-Truppenaufstockung wird die internationale Streitmacht auf insgesamt etwa 140.000 Soldaten anwachsen. Sie wird damit größer als die Truppe der Sowjetunion sein, die in den 1980er Jahren zum Höhepunkt des damaligen Afghanistan-Kriegs 118.000 Soldaten am Hindukusch stationiert hatte.

Eine "klare Mission"

Der Oberbefehlshaber der internationalen Truppen, US-General Stanley McChrystal, zeigte sich zufrieden mit Obamas neuer Strategie. Obama habe ihn mit einer klaren militärischen Mission sowie den notwendigen Ressourcen ausgestattet, um die Aufgaben in Afghanistan erfüllen zu können, sagte McChrystal.

Stanley McChrystal (Foto: AP)
Nur für Militärexperten: General Stanley McChrystal erläutert die neue Afghanistan-StrategieBild: AP

Radikale Islamisten unbeeindruckt

Die Taliban kündigten verstärkte Gegenwehr an. "Diese Strategie des Feindes wird nicht aufgehen", erklärten die Aufständischen in einer E-Mail an die Medien. "Der Feind kann auch noch so viele Truppen in den Kampf gegen unsere Mudschaheddin schicken - sie sind entschlossen, die Anzahl der Kämpfer zu erhöhen und ihren Widerstand zu vergrößern."

Das Pentagon wies unterdessen den Eindruck zurück, es habe an Deutschland bereits eine konkrete Forderung zur Entsendung zusätzlicher Bundeswehrsoldaten nach Afghanistan gestellt. Mit der Bundesregierung werde nur über Zahlen gesprochen, die aus Berlin genannt worden seien, sagte Julianne Smith, Direktorin in der Abteilung für Europa- und NATO-Angelegenheiten des US-Verteidigungsministeriums. Danach wären 1000 bis 2500 zusätzliche Bundeswehrsoldaten einsatzfähig. Bei den Gesprächen zwischen Washington und Berlin gehe es derzeit lediglich um einen "Realitätscheck".

Berlin sieht sich nicht im Zugzwang

Guido Westerwelle (Foto: AP)
Keine neuen Zusagen: Außenminister WesterwelleBild: AP

Die Bundesregierung bekräftigte ihre Position, dass sie keine neuen Zusagen vor der für Ende Januar in London geplanten Afghanistan-Konferenz machen werde. Vor der Konferenz sei "eine Debatte über Truppenstärken und deutsche Beteiligungen aus unserer Sicht weder sinnvoll noch angebracht", betonte Westerwelle.

Das Mandat für den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan soll an diesem Donnerstag (03.12.2009) zunächst um ein Jahr verlängert werden, ohne dass die bisherige Obergrenze von 4500 deutschen Soldaten verändert wird. Die Zustimmung des Bundestags gilt als sicher. Außerdem entscheidet das Parlament über die weitere deutsche Beteiligung am US-geführten Anti-Terror-Einsatz Operation "Enduring Freedom" (OEF) und den UNIFIL-Einsatz vor der Küste Libanons.

Autor: Christian Walz (dpa, rtr, afp, ap)
Redaktion: Hans Ziegler