1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Eine Partei ringt um ihr Profil

13. September 2010

Die Kritik von Vertriebenen-Chefin Steinbach gab den Anstoß - inzwischen ist die Debatte über das konservative Profil der CDU voll entbrannt. Beschwichtigungsversuche von Partei-Chefin Merkel verhallen unbeachtet.

https://p.dw.com/p/PB0M
CDU-Chefin Angela Merkel im Bundeskanzleramt in Berlin Foto: ap
Möglichst keine Unruhe am rechten Rand der Partei: CDU-Chefin MerkelBild: dapd

Es gebe bei den Christdemokraten drei gleichermaßen wichtige Strömungen, sagte Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister am Montag (13.09.2010) nach einer CDU-Präsidiumsklausur in Berlin: "Die Konservativen, die Sozialen und die Liberalen." Damit sei die CDU die einzig verbliebene Volkspartei in Deutschland. Hier hätten die Konservativen bisher ihre Heimat gehabt, und dies gelte ebenso für die Zukunft. Wie McAllister hält auch der sächsische CDU-Landeschef Tillich die Richtungsdebatte in seiner Partei für unnötig: Das Rezept einer Volkspartei bestehe darin, "dass sie an allen Flügeln Mitglieder hat". Das sei in der CDU der Fall. Auch wenn einige Mitglieder ausgetreten seien oder sich aus dem Politischen zurückgezogen hätten, habe die Partei nicht an Profil verloren. In diesem Sinne äußerten sich auch Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier und CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe.

Emnid sieht 20 Prozent für Partei rechts von der Union

Seit dem angekündigten Rückzug von Erika Steinbach aus dem CDU-Vorstand hat die Debatte über einen Zerfall des konservativen Flügels der Union und die Möglichkeit einer neuen Rechtspartei wieder an Fahrt gewonnen. Die Vertriebenen-Präsidentin räumte einer solchen Partei ausdrücklich gute Chancen ein. Genährt wird die Debatte auch vom Meinungsforschungsinstitut Emnid, das eine stabile Zustimmung von 20 Prozent für eine rechtskonservative Partei für möglich hält. Das Potenzial bestehe hauptsächlich aus frustrierten Unions-Wählern, sagte Instituts-Leiter Klaus-Peter Schöppner der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Seit der vergangenen Bundestagswahl habe sich ein Drittel der Wähler aus dem Lager der Union verabschiedet.

Ministerpräsident Horst Seehofer im bayerischen Landtag Foto: ap
CSU-Chef Seehofer: Kein Platz rechts von der UnionBild: AP

Folgerichtig hatten schon am Wochenende mehrere Unionspolitiker vor dem Verlust des konservativen Profils der Union gewarnt. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer sagte, eine akute Gefahr für eine Parteigründung gebe es zwar nicht. "Aber man muss als Partei immer darauf bedacht sein, dass man sein Wählerklientel behält", betonte der bayerische Ministerpräsident im "Kölner Stadt-Anzeiger". Und CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt kritisierte einen "Linksruck" in der CDU.

"Ein Tisch mit drei Beinen"

"Absurd", konterte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe im Bayerischen Rundfunk. Es gehe darum, christliche Wertvorstellungen, Tradition und konservatives Denken mit Zukunftsfähigkeit zu verbinden. Auch Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel bemühte das Bild von den drei Wurzeln ihrer Partei: "Liberal, christlich-sozial und konservativ. Keine dieser Wurzeln ist für uns vernachlässigbar, sondern alle drei machen die Kraft der Volkspartei aus." Merkel erinnerte an den Satz des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß, dass es rechts von CDU und CSU keine andere demokratisch legitimierte Partei geben dürfe.

Erika Steinbach bei der Bundesversammlung in Berlin Foto: dpa
Beklagte mangelnden Rückhalt in der CDU für konservative Positionen: Erika SteinbachBild: picture alliance/dpa

Mit Blick auf Vertriebenenpräsidentin Steinbach sagte Merkel, die CDU habe sich für ein Zentrum gegen Vertreibung eingesetzt. Sie glaube, "dass sich alle Stimmen bei uns sehr gut vertreten fühlen können". Dennoch will Steinbach sich nicht mehr umstimmen lassen. Ihr Entschluss, nicht mehr für den Bundesvorstand der CDU zu kandidieren, stehe fest, sagte Steinbach nach der Sitzung des Vorstands. Es habe eine sehr engagierte und freundschaftliche Debatte gegeben. Die Runde sei in bestem Einvernehmen auseinandergegangen. Dennoch konnte Steinbach sich einen Seitenhieb auf das so oft beschworene Drei-Säulen-Modell der CDU nicht verkneifen: "Wir haben drei Beine - einen Tisch mit drei Beinen." Austreten aus der Christlich Demokratischen Union wolle sie jedoch nicht.

Autor: Rolf Breuch (dapd, dpa, rtr)
Redaktion: Martin Schrader