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Erdogans AKP deutlich vorn

1. November 2015

Die AKP des türkischen Staatspräsidenten Erdogan liegt nach der Wahl in der Türkei klar vorn. Ob sie die absolute Mehrheit erreicht, ist noch offen – und davon hängt ab, ob Erdogan seinen Machtausbau vorantreiben kann.

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Recep Tayyip Erdogan (r.) bei der Stimmabgabe (Foto: dpa)
Recep Tayyip Erdogan (r.) bei der StimmabgabeBild: picture-alliance/dpa/T. Bozoglu

Kann die islamisch-konservative AKP von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan ihre absolute Mehrheit zurückerobern, die sie im Juni verloren hatte? Diese Frage ist der Hauptgrund, weshalb viele Türken nach der Schließung der Wahllokale voller Ungeduld auf das genaue Ergebnis der Parlamentswahl warten. Nach Auszählung von zwei Dritteln der Stimmen lag die AKP bei knapp 52 Prozent, berichtete der staatliche Fernsehsender TRT. Umfragen vor der Wahl deuteten nicht darauf hin, dass die AKP die dafür notwendigen 276 Sitze gewinnen wird, es ist aber auch nicht gänzlich ausgeschlossen.

Erdogan hatte die Neuwahl angesetzt, weil nach der Wahl im Juni keine Koalition zustande gekommen war. Bei der Abstimmung war die AKP zwar die mit Abstand stärkste Kraft geblieben, hatte aber erstmals seit 13 Jahren ihre absolute Mehrheit verloren. Damit scheiterte auch Erdogans Plan, per Verfassungsreform ein Präsidialsystem mit sich selbst an der Spitze einzuführen. Die prokurdische Partei HDP schaffte es damals zum ersten Mal über die Zehnprozenthürde und nahm der AKP entscheidende Sitze ab.

Selahattin Demirtas von der HDP ist auch für viele Wähler attraktiv, die nicht zur kurdischen Minderheit gehören (Foto: AP)
Selahattin Demirtas (M.) von der HDP ist auch für viele Wähler attraktiv, die nicht zur kurdischen Minderheit gehörenBild: picture-alliance/AP Photo/E. Gurel

In Umfragen lag die AKP nun wieder bei 40 bis 43 Prozent und dürfte damit die absolute Mehrheit erneut verfehlen. Auch die HDP könnte ähnlich stark wie im Juni abschneiden. Die säkulare CHP und die ultranationalistische MHP dürften ebenfalls wieder im Parlament vertreten sein. Sollte nach der Neuwahl erneut eine Koalition nötig werden, dann könnte die AKP mit der CHP oder der MHP über ein solches Bündnis verhandeln. Mit der prokurdischen HDP will die AKP auf keinen Fall koalieren.

"Hoffnung auf Frieden"

Trotz scharfer Sicherheitsvorkehrungen bildeten sich vor vielen Wahllokalen lange Warteschlangen. Erdogan, der die Wähler erneut zu einem Votum für eine Ein-Parteien-Regierung aufgerufen hatte, verteidigte erneut seine Neuwahl-Entscheidung. Nach dem Patt im Juni sei dies eine "Notwendigkeit" gewesen", sagte Erdogan, als er in einem Wahllokal in Istanbul seine Stimme abgab. Die Türkei habe auf dem Weg zur Demokratie schon "große Schritte" zurückgelegt, "und das wird durch die heutige Wahl nochmals bestätigt". Auch Regierungschef Ahmet Davutoglu forderte die rund 54 Millionen Stimmberechtigten auf, den Wahltag zu einem "Fest der Demokratie" zu machen.

HDP-Chef Selahattin Demirtas äußerte die Erwartung, dass der Wahlausgang "die Hoffnung auf Frieden wecken" werde. Dies brauche die Türkei im Moment am meisten, sagte Demirtas bei der Stimmabgabe.

Ein Wahlhelfer zeigt einen der Abstimmungszettel (Foto: Reuters)
Ein Wahlhelfer zeigt einen der AbstimmungszettelBild: Reuters/S. Kayar

Nach der Wahl im Juni war der Konflikt der Regierung mit den kurdischen Rebellen blutig eskaliert. Die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK hatte ihre Angriffe im vergangenen Monat bis zur Neuwahl am Sonntag ausgesetzt. Nach der Juni-Wahl wurde die Türkei zudem von Anschlägen erschüttert, die der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) angelastet wurden. Zum schwersten Anschlag seit Gründung der Republik kam es am 10. Oktober in der Hauptstadt Ankara, mehr als 100 Menschen starben. Die Staatsanwaltschaft machte den IS verantwortlich, der sich allerdings nicht zu der Tat bekannte.

Wegen der Spannungen und aus Angst vor neuen Anschlägen wurde der Urnengang von fast 400.000 Sicherheitskräften abgesichert. In der mehrheitlich von Kurden bewohnten Stadt Diyarbakir und im gesamten Südosten der Türkei bezog die Polizei mit gepanzerten Fahrzeugen vor Wahllokalen Stellung.

stu/fab (afp, dpa)