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Politik

Nicht gegen Russland gerichtet

Udo Bauer z. Zt. Norwegen
31. Oktober 2018

"Trident Juncture 18" ist das größte NATO-Manöver seit Ende des Kalten Krieges. Verteidigungsministerin von der Leyen besucht die Truppen in Norwegen und muss mal wieder einiges klarstellen. Von Udo Bauer, Rödsmoen.

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von der Leyen besucht Nato-Manöver
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen beim NATO-Manöver "Trident Juncture"Bild: picture-alliance/dpa/K.Nietfeld

Die NATO hätte es sich einfacher machen können. Hier in den kalten Wäldern von Norwegen ist es alles andere als lauschig. Temperaturen um den Gefrierpunkt, Schlamm und Schneematsch überall im Camp Rödsmoen. Ursula von der Leyen sagt den deutschen, norwegischen und luxemburgischen Panzerbesatzungen, dass ihre Aufgabe hier extrem wichtig ist für die NATO. Es gehe darum zu zeigen, dass das westliche Bündnis "in der Lage ist, schnell Personal und Material zu verlegen, damit einem angegriffenen Partnerland auch zügig Beistand geleistet werden kann" - im Übungsszenario eben Norwegen. Tatsächlich hat die Bundeswehr es in zwei Wochen geschafft, hunderte von Panzern, LKW und 9000 Soldaten aus deutschen Kasernen hierher in die norwegische Wildnis bei Rena zu bringen. Hätte es auf der Ostsee nicht gestürmt, wäre es noch schneller gegangen, sagt ein Presseoffizier.

Infografik Großmanöver Trident Juncture, Wostock DE
Vergleich zwischen dem aktuell laufenden NATO-Manöver "Trident Juncture" und dem russischen Manöver "Wostok 18", das im September stattfand

Renaissance der Landesverteidigung

von der Leyen besucht Nato-Manöver
Die 50.000 Soldaten aus 31 Ländern lernen sich unter anderem im riesigen Verpflegungszelt kennenBild: picture-alliance/dpa/K.Nietfeld

An dieser Fähigkeit hat die Bundeswehr lange arbeiten müssen. 20 Jahre lang haben die Deutschen ihre Armee kleingespart und tausende von Panzern verkauft oder verschrottet und sich auf Auslandseinsätze konzentriert. Als Russland die Ukraine überraschend überfiel, hieß es auf einmal: Kommando zurück! Panzer wurden wiederbeschafft, Soldaten wieder für die Landes- und Bündnisverteidigung ausgebildet und das Ganze mit den Partnerländern koordiniert. Dass das funktioniert, lässt sich im Camp Rödsmoen gut beobachten. 2300 Deutsche arbeiten hier in Rena Hand in Hand mit Letten, Litauern, Norwegern und, und, und. Extrem wichtig sei das, betont von der  Leyen: "Interoperabilität zwischen 29 NATO-Partner plus Schweden und Finnland funktioniert hier offensichtlich ganz gut."

"Wir sind ein defensives Bündnis"

Von der Leyen besucht Nato-Manöver
Name oder Aussage? "Liebe" steht auf dem Namensschild dieses Soldaten.Bild: picture-alliance/dpa/K.Nietfeld

Natürlich wird die Ministerin nach der Kritik Russlands an dem Manöver mit 50.000 NATO-Soldaten gefragt. Sie sagt, die NATO sei ein defensives Bündnis, russische Beobachter seien vor Ort, bei "Trident Juncture 18" gehe es transparent zu. Das Manöver sei "gegen niemanden gerichtet. Aber die NATO muss in der Lage sein, überall in ihrem Gebiet ihre Mitglieder zu schützen." Und diese Fähigkeit soll sehr bald noch weiter ausgebaut werden. Im neuen Jahr soll die neue "schnelle NATO-Speerspitze" (Very High Readyness Joint Task Force) stehen. Das sind vor allem Panzerverbände, die innerhalb weniger Tage nach Alarmierung überall im Bündnisgebiet aufschlagen sollen, wo sie gebraucht werden. Deswegen spricht die Verteidigungsministerin beim jetzigen Manöver auch von einem "Lackmustest für die schnelle Speerspitze."

Wieder Ärger mit dem Material

Von der Leyen besucht Nato-Manöver
Dieses Fahrzeug scheint zu fahren. Zumindest lassen sich die Türen öffnen. Bild: picture-alliance/dpa/K.Nietfeld

Die Ministerin gibt offen zu, dass sich die Bundeswehr auch für dieses wichtige Manöver wieder Material und Personal aus vielen Einheiten ausleihen musste, weil mal wieder vieles kaputt war. Wie sie sich denn erkläre, wird sie gefragt, wieso selbst brandneue Flugzeuge und Panzer nicht einsetzbar seien, wie ihr Ministerium vor kurzem auf Anfrage eines Bundestagsabgeordneten zugeben musste. Viele hochkomplexe Systeme, so von der Leyen, würden mit Mängeln aus der Fabrik geliefert oder müssten Software- oder Technik-Updates bekommen oder neu genehmigt werden und stünden dann eben nicht der Truppe zur Verfügung. Wenn man an einem ungünstigen Tag die Bereitschaft der Systeme abfrage, dann sehe das halt sehr verheerend aus. Auf einen langen Zeitraum gesehen würden sich die Probleme nicht so dramatisch darstellen. Ursula von der Leyen ist es sichtlich unangenehm, dass vor allem die NATO-Mitgliedsländer, die sich am meisten von Russland bedroht sehen, wie die Balten und die Polen, denken könnten, dass man sich auf deutsche Beistandsversprechen nicht verlassen kann, weil die Flugzeuge nicht fliegen und Panzer nicht rollen. Und die NATO-Partner aus dem Osten sind bei "Trident Juncture 18" nun mal gleich um die Ecke.