„Change is the new normal“  | 65 Jahre DW | 65 Jahre DW | DW | 02.05.2018
  1. Inhalt
  2. Navigation
  3. Weitere Inhalte
  4. Metanavigation
  5. Suche
  6. Choose from 30 Languages

65 Jahre DW

„Change is the new normal“ 

Die Digitalisierung treibt die technische Entwicklung mit enormem Tempo voran – niemals in der Geschichte vollzog sich Wandel so schnell wie im 21. Jahrhundert. Alles wird immer schneller, leistungsfähiger und kleiner.

Global Media Forum Yusuf Omar

Yusuf Omar demonstriert Mobile Reporting für jedermann auf dem Global Media Forum der Deutschen Welle 2017 in Bonn

Meine Tochter – damals 8 Jahre alt – hat es 2008 auf den Punkt gebracht: „Ich glaube, ich bin die letzte Generation Kassette.“ Ausgelöst hatte diese heute ein wenig nostalgisch klingende „These“ der kleine Bruder einer Freundin, der zuvor verständnislos auf eine Audiokassette gezeigt und nicht verstanden hatte, warum Lieder nicht einfach direkt vom Smartphone abgespielt wurden.

Beispiele wie dieses kennt jeder aus seinem privaten Umfeld. Das Mooresche Gesetz aus dem Jahr 1965, nach dem sich mindestens alle zwei Jahre die Rechenleistung eines Computers verdoppelt, ist in der Wahrnehmung vieler Nutzer sogar von der Realität überrannt worden. Damit ist die Technik einer der wichtigsten Treiber des Wandels in unserer Gesellschaft und auch in unserem Arbeitsumfeld: Technologische Entwicklungen vereinfachen nicht nur Arbeitsabläufe, sie verändern auch komplette Berufsbilder und wirken sich damit auf das eigene Selbstverständnis aus. 

Als international agierender Auslandssender bekommt die DW diese Veränderungen schon seit Jahrzehnten deutlich zu spüren. Es gilt: „Change is the new normal.“ Auch bei uns haben Tonband und Kassette schon lange ausgedient. Wir werden von Jahr zu Jahr digitaler. Spätestens als wir 1994 als erste öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt ein Online-Angebot gelauncht haben, war der digitale Wandel für uns nicht nur sichtbar, sondern auch spürbar. 

Rollenverteilung ist passé

Damals waren die Medienunternehmen – also die Redakteure und Journalisten – noch immer Monopolisten über Informationen. Sie entschieden, welche Themen wann für wen relevant waren. Die Nutzer hingegen nahmen eine eher passive Rolle als Rezipienten ein. Diese klare Rollenverteilung ist seit der unglaublich schnellen Entwicklung des Internets passé. Technologische Entwicklungen und die damit einhergehende weltweite Vernetzung ermöglichen und fördern den direkten Austausch der Einzelnen – ohne, dass dafür die klassischen Medienhäuser als zwischengeschaltete „Gatekeeper“ zwingend erforderlich sind. Gleichzeitig sind neue, wichtige Player omnipräsent, US-Giganten wie Facebook, Google, Youtube oder Amazon. Unternehmen wie diese haben heute die Kundenbeziehungen, die die Broadcaster früher direkt hatten. Das Berufsbild der Journalisten und der Techniker in einem Medienunternehmen wie der DW hat sich dadurch grundlegend verändert. Die wesentliche Herausforderung für sie heißt: digital denken. Doch was heißt das genau?

Wir müssen die DW immer wieder neu positionieren und unsere Rolle in den sich wandelnden, fragmentierten Medienmärkten definieren. Warum soll ein Nutzer Inhalte der DW konsumieren, wenn dank der technischen Möglichkeiten jeder Einzelne Inhalte produzieren und verbreiten kann, wenn alles überall verfügbar ist? Und aus technischer Sicht kommen die Fragen hinzu: Wie produzieren wir diese Inhalte und auf welchen Wegen bekommen wir sie zu unseren Zielgruppen – alles multimedial in 30 Sprachen und passgenau für die unterschiedlichen Weltregionen?

Entwicklungen antizipieren

Die Antworten klingen nach technischem Buzzword-Bingo: innovativer „first mover“ mit einem „digital mind“ sein, mit „smart production“, „mobile first“ und auf jeden Fall plattform-agnostisch. Übersetzt heißt das: möglichst günstig, aber qualitativ hochwertig produzieren und dabei so flexibel distribuieren, dass wir morgen auch Partner und Plattformen erreichen können, die wir heute noch gar nicht kennen.

Dabei den Entwicklungen möglichst nicht hinterherhecheln, sondern unaufgeregt antizipieren, was als Nächstes kommt. Laut Googles CEO Sundar Pichai ist das die künstliche Intelligenz, also zum Beispiel Endgeräte, mit denen wir uns unterhalten können und die uns die Informationen geben, die wir gern hätten.

Ob diese oder andere Entwicklungen „the next big thing“ sind, werden wir wahrscheinlich schneller merken, als uns lieb ist. Eine Gewissheit bleibt: Die Technik treibt diesen Wandel und bietet zugleich die erforderlichen Lösungen. Sie ist Mittel zum Zweck. Daher muss sie kontinuierlich geplant, angepasst, erweitert und erneuert werden. Um alle Medien (TV, Radio und Online) weltweit zielgruppengerecht bedienen zu können, benötigen wir eine robuste, leistungsfähige und zugleich flexibel erweiterbare technische Systemlandschaft. 

Ich wüsste echt gern, was meine Tochter damals dazu gesagt hätte. 

Falls Sie vorhersagen wollen, welche technische Herausforderung die nächste ist: guido.baumhauer@dw.com

Text: Guido Baumhauer, Direktor Distribution und Technik