Vergangenheitsaufarbeitung und die Rolle der Medien - um diese Themen entstand in Medellín, Kolumbien, eine lebendige Debatte. DW Akademie-Direktor Christian Gramsch nahm an der Paneldiskussion teil.
Wie können, wie sollten Journalisten über den Konflikt berichten? Angeregte Diskussion auf Einladung von DW Akademie und der Universität Antioquia in Medllín, Kolumbien
Zu einer Diskussionsrunde unter dem Titel "Öffentlich-rechtliche Medien und Erinnerungskultur" luden DW Akademie und die Universität von Antioquia am Montag, den 5. Oktober 2015 in Medellín ein. Die Konferenz fand im Rahmen eines Symposiums des Verbandes der lateinamerikanischen Fakultäten für Kommunikationswissenschaften (FELAFACS) statt und setzte sich mit der Rolle der Presse und ihrer Mitarbeiter in der Vergangenheitsaufarbeitung Kolumbiens auseinander. Dabei sollten die Erfahrungen in Deutschland als Beispiel dienen.
Friedensberichterstattung und Geschichtserzählung
Unter den fünf Panelgästen war auch Christian Gramsch, Direktor der DW Akademie. "Es wird immer eine neue Generation geben, die die Zusammenhänge verstehen will und muss. Diese Zusammenhänge zu liefern ist Aufgabe der Medien", sagte Gramsch vor rund 80 Gästen in Medellín. Die kolumbianische Presse habe den Krieg bis jetzt lediglich zur Kenntnis genommen, aber sie habe ihn nicht erzählt, kritisierte der bekannte Medienkritiker und Essayist Omar Rincón von der Universität von Los Andes. Weder seien die Probleme tiefgründig dargestellt noch die Ursachen des Konfliktes analysiert worden.
V.l.n.r.: Patricia Nieto, Journalistin und Dozentin, Universidad de Antioquia (Medellín), Omar Rincón, Medienkritiker, Universidad de los Andes, Bogotá, Christian Gramsch, Direktor der DW Akademie, Olga Castaño, Autoridad Nacional de Televisión, Carlos Carmona, Teleantioquia, Mirjam Gehrke, DW Akademie
Und auch in der Friedensberichterstattung hätten die Medien in Kolumbien keine gute Figur gemacht. "Es findet ein Kampf um die Geschichtserzählung statt. Öffentlich-rechtliche und private Medien sind nicht in der Lage, über den Frieden zu berichten", bekräftigte Rincón. Das geschehe trotzt der Tatsache, dass für die Vergangenheitsaufarbeitung der Frieden genau so wichtig wie der Krieg ist.
Eine unaufhaltsame Kraft
Auch die Bedeutung von Testimonials der Opfer wurde in der Konferenz anerkannt. "Es waren weder die Regierung, noch die Medienhäuser noch die Journalisten, die die Aufarbeitung der Vergangenheit vorangetrieben haben. Es waren die Opfer selbst. Sie sind eine unaufhaltsame Kraft", so die Journalistin Patricia Nieto, die mehrere Bücher mit Reportagen aus der Perspektive der Überlebenden und Angehörigen der Opfer veröffentlicht hat. Carlos Carmona vom regionalen öffentlich-rechtlichen Fernsehsender Teleantioquia gab zu, dass die Medien in Kolumbien vor der großen Herausforderung stünden, Aufmerksamkeit für die Geschichten der Überlebenden in der Gesellschaft zu generieren.
Die Debatte ging weiter um die Rolle der Journalisten. Alle Medienmacher seien dazu verpflichtet, aus einer pluralistischen Perspektive heraus Stellung gegenüber dem Konflikt zu beziehen, sagte DW Akademie Direktor Christian Gramsch.