Media Literacy in Beirut: Big Brother auf der Spur | Nahost/Nordafrika | DW | 31.08.2018
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Nahost/Nordafrika

Media Literacy in Beirut: Big Brother auf der Spur

In Beirut fand im August die Media and Digital Literacy Academy statt. In diesem Jahr ging es unter anderem um das Thema Überwachung – und um utopische und erschreckende Zukunftsvisionen.

Eine Schülerin spielt Big Brother. Überwachung ist für die jungen Menschen keine Theorie, sondern Alltag: Sie begegnen ihr täglich, zum Beispiel auf Social Media.

Eine Schülerin spielt "Big Brother". Überwachung ist für die jungen Menschen keine Theorie, sondern Alltag: Sie begegnen ihr täglich, zum Beispiel auf Social Media.

Auf den ersten Blick sieht es wie eine Theaterprobe aus. Auf einer Bühne sitzen Jugendliche in einem Halbkreis auf Hockern und diskutieren. Plötzlich kommt Bewegung in die Szene: die Jungen und Mädchen laufen auf die Zuschauerränge zu, einige halten sich ein zusammengerolltes Papier vor die Augen und spähen damit in den Raum. Andere versuchen, sich vor den imaginären Kameras zu verstecken.

Media Literacy in die Lehrpläne integrieren

Der erste Eindruck täuscht. Hier im Gulbenkian-Theater an der Lebanese American University (LAU) in Beirut wird kein Theaterstück geprobt. Der Workshop ist Teil der Media and Digital Literacy Academy of Beirut (MDLAB). Bei der MDLAB kommen jedes Jahr Studenten, Dozenten und Professoren aus verschiedenen arabischen Ländern zusammen. Sie tauschen sich über das Thema Media Literacy aus – und lernen Neues dazu. Und es gibt ein weiteres Ziel: Fakultäten in der Region sollen ermutigt werden, das Fach Media Literacy in den Uni-Lehrplänen zu integrieren.

Medienkompetenz ist für alle Altersgruppen wichtig: Die Media Digital Literacy Academy in Beirut richtet sich an Studierende, Dozenten, Professoren – und Schülerinnen und Schüler.

Medienkompetenz ist für alle Altersgruppen wichtig: Die Media and Digital Literacy Academy in Beirut richtet sich an Studierende, Dozenten, Professoren – und Schülerinnen und Schüler.

Kritischen Umgang mit Medienhalten lernen

Seit 2016 sind bei der mehrtägigen Veranstaltung auch Schülerinnen und Schüler dabei. Eine Partnerschaft der DW Akademie mit dem MDLAB und zwei weiteren libanesischen Organisationen, Permanent Peace Movement und Jesus and Mary School, macht das möglich. In dem Projekt "MIL for Peace in Lebanon", finanziert von der EU und dem Auswärtigen Amt, wird Jugendlichen der kritische Umgang mit Medien vermittelt.

Der Roman "1984" von George Orwell zieht sich wie ein roter Faden durch den Workshop. Das Thema "Big Brother" haben sich die 16 Jugendlichen selbst ausgesucht, darum geht es auch bei der Übung mit den selbst gerollten Papierkameras. Die Mädchen und Jungen im Alter zwischen 15 und 18 Jahren haben bereits in den vergangenen beiden Jahren an Media-Literacy-Aktivitäten in ihren Schulen teilgenommen. Inzwischen stehen sie als Medien-Scouts ihren Mitschülern im digitalen Alltag zur Seite.

Am Ende des Workshops: Die Schülerinnen und Schüler präsentieren ihre Ergebnisse.

Am Ende des Workshops: Die Schülerinnen und Schüler präsentieren ihre Ergebnisse.

"Privatsphäre ist doch ein Menschenrecht!"

Bei dem Stichwort "Überwachung" fallen den jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmern viele Beispiele ein: Kameras auf dem Schulhof, Kameras auf den Straßen, neugierige Verwandte oder Nachbarn, die sie auf Schritt und Tritt verfolgen. In einem selbst produzierten Video erklären Thea, Rawan und Zahraa, was Privatsphäre bedeutet und warum sie wichtig ist. Die Gruppe gibt den anderen Workshop-Teilnehmern Tipps, wie man sich im digitalen Raum schützen kann. Yara und Ahmad verdeutlichen, was Metadaten sind und wie sie gesammelt werden.

Überwachungsinstrumente im öffentlichen Raum sehen die jungen Leute kritisch. Schülerin Rawan sagt, dass sie oft das Gefühl habe, die Kameras an öffentlichen Orten würden ihre Privatsphäre verletzen: "Privatsphäre ist doch ein Menschenrecht!" Rimaz meint dagegen: "Manchmal ist Überwachung notwendig, damit Menschen geschützt werden. Auf der anderen Seite sollten doch die Daten aller Menschen geschützt werden." 

Die Schülerinnen und Schüler drehen eigene Videos zum Thema Überwachung.

Die Schülerinnen und Schüler drehen eigene Videos zum Thema Überwachung.

Praxisübung zum Thema Überwachung

Nach der Diskussion geht es an die Praxis: In selbst produzierten Videos setzen die Schülerinnen und Schüler ihre Utopien und Schreckensvisionen um: Eine App ersetzt den Schulbesuch. Kinder können problemlos von ihrem Zimmer aus lernen. Allen Neugeborenen wird bei ihrer Geburt ein Chip eingesetzt, der aus den Menschen gleichgeschaltete Wesen macht.

Taghreed Taki, Lehrerin für Media Literacy, die den Workshop begleitet, freut sich schon auf das kommende Schuljahr. Denn es gibt einiges zu tun beim Thema Media Literacy: "Ich kann mir gut vorstellen, dass die Medienscouts Rollenspiele entwickeln werden, um ihre Mitschüler auf das Thema digitale Überwachung aufmerksam zu machen." Auch eine Diskussion um die Überwachungskameras in der eigenen Schule könnte es geben.

 

Einen Überblick über den Workshop gibt der folgende Blog: Peersbigbrother.jimdofree.com

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