„Nicht so zaghaft“ - Streiten über Deutsch | Veranstaltungen | DW | 20.09.2010
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Veranstaltungen

„Nicht so zaghaft“ - Streiten über Deutsch

Frankfurt/Main – „Streiten über Deutsch? Geht das überhaupt?“, fragte Christian Gramsch am 10. September bei einer Diskussion im Frankfurter Literaturhaus. Thema: die internationale Rolle der deutschen Sprache.

Programmdirektor Christian Gramsch bei der Eröffnung.

Programmdirektor Christian Gramsch bei der Eröffnung.

Unter dem Titel „Sprache von Welt? Streiten über Deutsch“ diskutierten Robert Valentin von der Kulturabteilung der französischen Botschaft, Werner Wnendt, Leiter Kultur & Kommunikation im Auswärtigen Amt, Jürgen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, Albina Voblikova, Germanistin aus Russland, und Sanjiv Burman, Germanist und DW-Redakteur aus Indien.

Außerhalb Deutschlands werde recht leidenschaftlich über Deutsch gestritten, so Christian Gramsch, Programmdirektor der Deutschen Welle, in einer Keynote. Auf den Plattformen der DW-Sprachkursangebote könne man das engagierte Ringen um Worte und Bedeutungen verfolgen, etwa bei der Diskussion, ob das Gegenteil des Wortes artig „frech“, „ungehorsam“ oder „unartig“ laute. Fragen wie diese bewegten Menschen in Sofia und Shanghai, Dar es Salaam und Moskau.

Das Interesse an Deutsch sei im Ausland insgesamt dennoch rückläufig, bilanzierte Werner Wnendt eine aktuelle Studie des Auswärtigen Amts. Es sei zwar eine Sprache mit einer vergleichsweise großen Sprachgemeinschaft, aber gegenüber anderen Sprachen – in erster Linie dem Englischen – deutlich im Hintertreffen. „Wir tun etwas dagegen, aber wir können es auch nicht verhindern.“

Insbesondere an Schulen, wo früher Deutsch als erste Fremdsprache angeboten wurde, stehe jetzt Englisch im Vordergrund. Bei der Entscheidung zum Erwerb einer Sprache gehe es heute eher um den Nutzen für die Karriere als um Ästhetik oder Interesse an der Kultur. „Wir müssen mehr Anreize für den Nutzen der deutschen Sprache schaffen“, so Wnendt weiter. Hierbei gehe es auch um die Frage, wie sich der Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Deutschland zur deutschen Sprache verhalte. Deutsch als Investition in die berufliche Zukunft mache für junge Menschen im Ausland wenig Sinn, wenn deutsche Unternehmen hierzulande auf Englisch als Arbeitssprache setzten. „Ich würde mir wünschen, dass wir auch in Deutschland die Sprache ernster nehmen“, so Wnendt.

Lust auf die deutsche Sprache

Im Unternehmen Frankfurter Buchmesse sei die Arbeitssprache vorrangig Englisch, erläuterte Jürgen Boos. Bei Geschäftskontakten zu 7.000 Verlagen aus über 100 Ländern sei das die Lingua franca, um über Lizenzen zu verhandeln. Für ihn stehe weniger die deutsche Sprache im Mittelpunkt, als vielmehr die Übersetzung von deutscher Literatur in Fremdsprachen – und umgekehrt. Diese erst erlaube den Sprung aus der einen Sprachgemeinschaft in die andere und gebe Lesern über die Literatur Gelegenheit zur Begegnung mit einem Land und seinen Menschen. Zugleich sprach sich Boos für einen selbstbewussteren und lustvolleren Umgang der Deutschen mit ihrer Sprache aus. Förderung der deutschen Sprache bedeute, „Lust auf die deutsche Sprache“ zu machen.

In Russland lernten Schüler bevorzugt Englisch, berichtete Albina Voblikova. Mit größer werdendem Abstand folge Deutsch auf Platz 2. An den Hochschulen dagegen gebe es einen anderen Trend: Hier interessierten sich viele junge Leute für Deutsch. Sie bedaure, wenn Deutsch nur noch aus praktischen Gründen gelernt werde, denn sie „liebe diese Sprache“, so Voblikova, die vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) 2009 für herausragende Leistungen und soziales Engagement ausgezeichnet worden ist.

Selbstbewusstsein für Deutsch-Sprecher

„Die Deutschen verteidigen ihre Sprache zu zaghaft“, lenkte Robert Valentin den Blick auf das Verhältnis der Deutschen zu ihrer Sprache. „Wenn sie auf Fremde treffen, wechseln Deutsche gern ins Englische oder Französische.“ Franzosen hätten ein ganz anderes Verhältnis zur eigenen Sprache. Das habe mit Geschichte zu tun, mit Linguistik und mit Kommunikation. „Die französische Sprache gehört zu unseren staatlichen Symbolen wie die Trikolore und die Marseillaise“, so Valentin. „Aber ich bewundere an der deutschen Sprache ihre Offenheit, ihre Flexibilität: Ich habe gestern gegoogelt – ich habe gern gegoogelt.“ Im Französischen sei die Übernahme einer solchen Wortschöpfung aus dem Englischen nicht denkbar, da die Sprache zu stark genormt sei.

In Indien seien die Angebote für Deutsch als Fremdsprache sehr vielfältig, sagte Sanjiv Burman. Es sei erstaunlich, wie viel Deutschland für die Sprachförderung unternehme. Allerdings überfordere seiner Erfahrung nach die Sprachinteressierten die Vielfalt der Angebote der verschiedenen Mittlerorganisationen. Hier könne eine stärkere Bündelung von Nutzen sein, um das Gesamtangebot überschaubarer zu machen. Eine Empfehlung, der Werner Wnendt dezidiert widersprach. Die Angebote der Mittlerorganisationen seien Teil eines Netzwerks und richteten sich an die verschiedenen Zielgruppen – von Grundschülern bis Hochschulabsolventen. Dass alles gut aufeinander abgestimmt ist, daran kann man weiter arbeiten.

Martina Bertram
Redaktion: Steffen Heinze

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